Fendrichs Fernsehkonzert in Schönbrunn

Ein warmer Sommerabend. Nach einigen Takten Donauwalzer stimmt Rainhard Fendrich gemeinsam mit der Philharmonie Salzburg seine Hymne „I am from Austria“ an. Das Schloss Schönbrunn wird rot-weiß-rot beleuchtet… Ist das zu kitschig? „Die genaue Definition von Kitsch ist ‚unecht‘ – und das sind wir wahrhaftig nicht“, sagte Fendrich. „Ergriffen, wenn man da stehen darf“ war jedenfalls Dirigent Christian Kolonovits.

Fendrichs Gesamtwerk war angekündigt, drei Stunden dauerte das Open-Air-Konzert am Sonntagabend. Es hätte ein außergewöhnliches Live-Erlebnis sein können. Doch wie auch bei anderen Schönbrunn-Events war die Musik viel zu leise. Wenn man statt Orchester die Fans einige Sitzreihen weiter leise reden hört, kommt wenig Stimmung auf. Dafür war die Übertragung von ORF III top. Am Fernseher kann man auch lauter drehen.

Schön, aber leise: Rainhard Fendrichs Schönbrunn-Konzert

Buchbinder und der perfekte Klang

Wenn jemand nicht in Pension gehen darf, ist das Rudolf Buchbinder: Der 75-jährige Starpianist spielte diese Woche gemeinsam mit den Wiener Symphonikern und Dirigent Lionel Bringuier das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 von Johannes Brahms im Wiener Konzerthaus. Ein unglaublicher Hörgenuss! Was hinter so einem Klavierkonzert und Live-Klangerlebnis steckt, kann man übrigens in der Dokumentation Pianomania – die Suche nach dem perfekten Klang sehen, in der auch Buchbinder eine Rolle spielt. Top auch das zweite Stück des Abends: Brahms 1. Symphonie, an der er 14 Jahre lang gearbeitet haben soll – und in der man kurz Beethovens „Ode an die Freude“-Thema hört.

Buchbinder am Flügel im Wiener Konzerthaus

Mit den Symphonikern zum Wiener Kongress

Zu politisch, zu anlassbezogen? Ludwig van Beethovens Kantate „Der glorreiche Augenblick“, die er für die Eröffnung des Wiener Kongress 1814 komponiert hat, wird selten aufgeführt. Im Wiener Konzerthaus bislang überhaupt nur vier Mal. Umso besonderer, sie ebendort mit der Wiener Singakademie, der Opernschule der Staatsoper und den Wiener Symphonikern zu erleben. „Alle die Herrscher darf ich grüßen, alle die Völker freundlich küssen!“, singt Vienna.

Für das zweite historische Stück gibt es einen Tipp von Dirigent Andrés Orozco-Estrada: „Was jetzt kommt, kennen Sie so nicht. Genießen Sie es – auch wenn Sie nicht viel verstehen!“ Und dann drehen die Symphoniker für Wellingtons Sieg den Surround-Sound auf: Mit Kriegsgetrommel, Kanonenschüssen und Trompeten-Fanfaren vom Konzerthaus-Flur aus und dem Orchester auf der Bühne fühlt man sich wie mitten im Gefecht. Beethoven hat dieses „sinfonische Schlachtengemälde“ zur Schlacht von Vittoria komponiert. Mit der Hymne „God Save the King“ macht er deutlich, dass hier die Briten gegen die Franzosen gewinnen.

Im zweiten Konzertteil legen die Symphoniker noch die siebente Symphonie drauf. Plattenreif – vor allem der filigrane zweite Teil!    

Fazit: Eine aufregende Zeitreise voll wunderschöner Musik! Es gibt noch Gelegenheiten, das Konzert Beethoven-Akademie: Der Kongress tanzt zu hören: live am 10. Jänner um 19:30 Uhr im Konzerthaus und als Mitschnitt in Ö1 am 29. Jänner.

Kinderchor, Chor, Orchester und Solisten: Dank 2G+-Regel ist so ein Spektakel möglich!

Mahler mit Hüftschwung

Gustav Mahlers dritte Sinfonie ist nichts für schwache Nerven. Nicht nur für die Orchestermusiker gibt es kaum Zeit zum Ausruhen, auch als Zuhörerin ist man ständig gefordert. Nie darf man sich einer Klangwelt sicher sein. Innerhalb weniger Takte ist man vom Vogelgezwitscher bei der Marschkapelle, vom filigranen Oboen-Solo beim epischen Filmsoundtrack angelangt. Erkennt man gerade ein Motiv in den Holzbläsern wieder, grätschen die Streicher wild hinein. Grandios!  

Die Wiener Symphoniker begeisterten mit diesem Meisterwerk der Spätromantik gestern am zweiten Abend in Folge das Konzerthaus-Publikum im Großen Saal. Dem Orchesterklang (besonders die Blechbläser kommen bei Mahler ordentlich dran und liefern auf Weltklasseniveau ab), den Soli (unglaublich, dass eine Posaune so klingen kann) und der Chor-Kombi (die Wiener Sängerknaben und die Damen der Wiener Singakademie strahlen glockenhell) stahl aber beinahe jemand anderer die Show: Dirigent Andrés Orozco-Estrada. Man würde jedes Detail der Musik hören, sähe man nur ihm alleine zu. Besonders im tänzerischen zweiten Teil wollte man am liebsten mittanzen: ein Hüftschwung zum Niederknien.

Kleines Detail für die Geschichtsbücher: Da es der erste Tag war, an dem nur geimpfte und genesene Gäste zugelassen waren (2G-Regel), durfte man erstmals seit Pandemiebeginn ohne Maske im Saal sitzen: das i-Tüpfelchen auf diesem Konzertgenuss!

Großartig gespielt: Diese 2G gelten im Großen Saal immer.