Wenn Gläubige mit Holzkreuzen auf den Schultern den Berg nach Enns hinauf marschieren, dann lädt Stadtpfarrer Pater Martin zur Kreuzwegandacht. Das vorösterliche Spektakel findet jeden Sonntag statt. Wie es dazu gekommen ist und wie die Bevölkerung darauf reagiert, erzählt der beliebte Franziskanermönch selbst:
„Jeder nur ein Kreuz“
Vor Ostern ist es Brauch, gemeinsam den Kreuzweg zu gehen. In vielen Orten gibt es dafür einen Kreuzweg mit vierzehn Stationen. Auch in Enns hat es einmal zwischen der Basilika in Lorch und der Post in der Nähe des Hauptplatzes einen Kreuzweg gegeben. Doch inzwischen sind die meisten Stationen Bauprojekten oder Wegbegradigungen zum Opfer gefallen. Also habe ich mir vor vier Jahren etwas einfallen lassen, um wieder eine Kreuzwegandacht im Freien anbieten zu können.

Kinderkreuzweg (c) Christoph Huemer
Und zwar wollte ich jeweils an den Sonntagen vor Ostern einen Kreuzweg vom so genannten „Papstkreuz“ am Enns-Fluss bis hinauf in den Schlosspark machen. Denn die dortige Aussichtsplattform eignet sich perfekt als Berg Golgota, also als letzte Kreuzwegstation. Ich bin daher in den Baumarkt gefahren, habe Holz gekauft und an einem schönen Nachmittag im Klosterhof vierzehn Kreuze gebastelt. Seither schleppe ich diese Kreuze vor jeder Andacht alleine vom Kloster bis zum Schlosspark.
Verwunderte Touristen am Hauptplatz
Mich schauen dann die Leute am Hauptplatz immer komisch an. Aber das ist auch verständlich. Man sieht ja nicht alle Tage einen Franziskaner, der einen Stapel Holzkreuze in der Gegend herumschleppt. Man muss sich außerdem vorstellen, dass jedes Kreuz so um die – gefühlte – drei Kilogramm schwer ist. Selbst wenn es draußen kalt ist, komme ich da bei 14 Kreuzen ganz schön ins Schwitzen. „Ja Herr Pfarrer, haben Sie leicht so viele Sünden begangen, weil sie so viele Kreuze tragen müssen?“, fragen mich dann die Leute. Vor allem die Touristen wollen immer wissen, was ich denn mit den vielen Kreuzen vorhätte. Manchmal entwickeln sich so viele Gespräche, dass ich statt der gewöhnlichen zehn Minuten eine ganze Stunde vom Kloster in den Schlosspark benötige. Dort angekommen stelle ich die Kreuze nacheinander an besonderen Stellen auf – meistens bei schönen Bäumen. Kurz darauf geht die Veranstaltung beim „Papstkreuz“ los.
Kreuze für Kinder bis Senioren
Je nach Wetter gehe ich dann mit bis zu fünfzig Personen von Kreuz zu Kreuz. Bei jeder Station gibt es ein kurzes Programm. Danach lade ich immer jemanden ein, das Kreuz aus dem Boden zu reißen und mitzunehmen. Zum Schluss folgen mir also 14 Leute, von Kindern bis Senioren, im Gänsemarsch und schleppen jeweils ein Holzkreuz. Mir gefällt es, das am Ende wieder aufgeräumt ist. Denn ich kann ja nicht den ganzen Schlosspark mit Kreuzen zustellen – der Park wird ja etwa auch von Muslime genützt. Nach der Veranstaltung bringe ich die Kreuze wieder alleine ins Kloster. Doch zuletzt haben mir schon einige Leute angeboten, die Kreuze mit dem Auto zurückzufahren. Sie sagen dann: „Pater Martin, wir können das nicht länger mitansehen, wie du mit den vielen Kreuzen auf deiner Schulter durch Enns marschierst“.
Mehr Geschichten über Pater Martin – zum Beispiel wie er das Klosterauto im See versenkt oder eine Hochzeit im Fußballtor gefeiert hat – gibt es im Buch: „Pater Martin: Helfen. Lachen. Freude machen.“ von Florian Kobler (Freya Verlag). Zur Bestellung.
Die nächsten Kreuzwegtermine in Enns: So, 15. März, 15.00 Uhr; So, 22. März, 15.00 Uhr; Freitag, 27. März, 15.00 Uhr: Kinderkreuzweg; Palmsonntag, 29. März, 15.00 Uhr.