Spitzen-Kabarett zur Omikron-Spitze

Die Kabarettisten Thomas Maurer und Christof Spörk haben mitten in der Omikron-Welle mit ihren neuen Progammen Premiere gefeiert. Der Wiener Stadtsaal war jeweils gut gefüllt, aber nicht ausverkauft. Wenig verwunderlich bei täglichen Corona-Neuinfektionen im vier- bis fünfstelligen Bereich. Maurer widmet sich in seinem Programm „Zeitgenosse aus Leidenschaft“ als Leidensgenosse der Zeit dem Klimawandel, der Selbstoptimierung und dem damit verbundenen schlechten Gewissen. „Eine Leberkässemmmel? Wie kommt die da her? Die kann ich eigentlich nicht gekauft haben, weil ich seit Jahren kein Fleisch mehr aus Massentierhaltung konsumiere. … Ich dürfte einen Hunger gehabt haben“. Ein ethisches Dilemma, „weil essen wollte ich sie nicht wollen.“

Rauchen ist wie zu enge Schuhe tragen und sie immer wieder für eine Stunde auszuziehen, sagt Maurer. Dasselbe Gefühl der Erleichterung!

Christof Spörk hat sein neues Programm „Dahaam“ getauft. „Ich hab gedacht, falls ich mitten in einen Lockdown reinkomme, heißt das Programm genauso wie der Aufführungsort der Premiere.“ Der ehemalige Global Kryner geht das Thema Corona auf der Bühne positiv an, argumentiert, warum es „noch nie so geil war, in einer Pandemie zu leben wie jetzt“ und bietet vor allem grandios-verspieltes Musikkabarett. Ist dieses Programm empfehlenswert? Die Antwort lautet wie auf jede Cookie- und Datenschutzgrundverordnungsanfrage: „Ich stimme zu!“

Christof Spörk ist ein „Bandmensch“ – und hat sich den bassionierten Schlagzeuger und schlagfertigen Bassisten Alberto Lovison mit auf die Kabarettbühne geholt. „Ein Glücksgriff!“

Sensationelle Schläge im Musikverein

Er spielt schneller als sein Schatten – Martin Grubinger. Der gefeierte Multi-Perkussionist gab mit den Wiener Symphonikern und Maestro Andrés Orozco-Estrada zwei Konzerte im Wiener Musikverein. Vor jeweils tausend statt zweitausend Menschen. Mehr dürfen unter der Regel „2G-plus und FFP2-Maske“ aktuell nicht in den Goldenen Saal. Auch Getränke gab es in der Pause nur gegen Vorbestellung am vorbestimmten Platz. Aber immerhin konnte trotz Omikron-Welle gespielt werden.

Martin Grubinger und die Wiener Symphoniker im Goldenen Saal des Musikvereins

Und wie: Grubinger trommelte mit einer Spielfreude und sensationell (schnell) auf Djembe, Marimba und Co. Sieidi von Kalevi Aho – und durfte natürlich nicht ohne Zugabe von der Bühne gehen. Im zweiten Teil gab es noch harmonische Hollywood-Filmmusik von Erich Wolfgang Korngold (Märchenbilder) und zum Abschluss Modest Mussorgskijs Bilder einer Ausstellung. Vor allem Das große Tor von Kiew ist live ein Erlebnis! Auch hier sind – neben den Bläsern – die Percussion hervorzuheben. Wenn zum Finale Pauken, Becken und eine (gar nicht so kleine) Glocke auf der Bühne geschlagen werden, ist das schon himmlisch!

Baustellen-Party über Wien

Eine Party mit DJs im Lockdown? Ja, das geht, wenn das Publikum zuhause bleibt und nur per Stream mitfeiert. Steve Hope und Philipp Straub haben zwei Stunden lang auf der Dachterrasse einer Hotelbaustelle vor mehreren Kameras aufgelegt. Die Aufnahmen hat Wien-Tourismus als „Zeichen der Hoffnung“ hinaus in die Welt geschickt. Der Gastgeber, das Musikhotel Jaz in the City, will im Sommer in der Windmühlgasse eröffnen. Bis der internationale Tourismus zurückkehrt, setzt es auf musikliebende Einheimische: Die Lobby wird ein Schallplatten-Geschäft, die Zimmer dienen als Proberäume samt Plattenspieler und neben den Bars gibt es Bühnen für Liveauftritte – für die Zeit nach der Pandemie.

Steve Hope hofft auf baldige Rückkehr des Party-Nachtlebens

Dank an die Corona-Heldinnen

„Thank You Heroes“ lautet der Titel eines Plakates von Janina Kepczynski am Neubaugürtel neben dem Westbahnhof. Es ist dem Gesundheitspersonal gewidmet, das „seit Beginn der Pandemie an der Front kämpft.“ Auch in Deutschland, Italien, Frankreich und der Schweiz haben lokale Künstlerinnen und Künstler Plakate mit Dankesbotschaften an die Heldinnen und Helden der Corona-Pandemie gestaltet. Dass die Leistung der Ärztinnen, Krankenpfleger und Co. alles andere als selbstverständlich ist, sollen wohl auch die Worte ausdrücken, die am Wiener Plakat ergänzt worden sind: „Can’t nursing, must TikTok.“

Die Heldinnen der Corona-Pandemie (Plakat von Janina Kepczynski in Wien)

Kinos „glauben an Osterhasen“

Das Gartenbaukino kündigt „Covid Wars – A New Hope“ an, das Votiv Kino fühlt sich „Im Falschen Film“ und das Cine Center gesteht: „Wir glauben an den Osterhasen“: Wiens Lichtspielhäuser versuchen mit humorvollen Sprüchen auf ihren Anzeigetafeln nicht in Vergessenheit zu geraten. Die sogenannten Fischerleuchten sind gerade „unser einziger Kommunikationskanal, der direkt in der Stadt gesehen wird“, erklärt Fredi Themel vom Gartenbaukino. Die Buchstaben seien zusätzlich „fotogen für unsere Social-Media-Kampagnen“, verrät Stefan Schramek vom Burg Kino. „Unser Publikum liebt das und wir mögen das auch sehr gerne“. Bildergalerie.

Dort, wo sonst Filme angekündigt werden, gibts nun Durchhalteparolen, Zitate und Appelle.

Kulturszene plakatiert Hoffnung

„Wir kommen zurück. Mit Sicherheit“, kündigt derzeit die Volksoper Wien auf Plakaten an. Voll Vertrauen und Optimismus wendet sich auch das Konzerthaus an sein Publikum: „Die Musik lebt weiter! Wir hören uns wieder.“ Das Theater Brut Wien appelliert hingegen hilfesuchend auf Plakaten: „Can somebody please fix this?“ Das Votivkino verkündet: „Licht in Sicht, 2021“. „Wir kommen wieder“, hofft das Admiral Kino. „Währenddessen besucht unseren VOD Club. Top-Filme streamen“, verweist das Top Kino auf die Zukunft? Aber – so weiß der Werbeflächen-Anbieter Kulturformat: „Ohne Kultur sind unsere Ohren nur Brillenhalter. Ohne Kultur sind unsere Augen nur Lichtsensoren. Ohne Kultur sind unsere Stimmbänder nur Sehnen.“

Anmerkung einer Leserin zur Kampagne: „Stimmbänder gibt es nicht, sie heißen Stimmlippen – und sind keine Sehnen, sondern Muskeln.)

Schwarze Plakate zu Coronazeiten in der „Kulturnation Österreich“

Franziskaner mit Maske

Wie geht es eigentlich Pater Martin in Lienz? „Alles im grünen Bereich“, antwortet der fröhliche Franziskanermönch. Sein berühmtes Lachen ist trotz Mund-Nasen-Schutzes nicht zu überhören. „Die Maske gehört jetzt sozusagen zur Ordenskleidung. Unser Nachbar vom Trachtenmodengeschäft hat sie uns aus dem Stoff genäht, aus dem auch der Habit ist.“ Während des Corona-Lockdowns hat Pater Martin sehr viel telefoniert. So viel, dass sich die Tastatur seines Uralt-Handys gelöst hat. „Ich hab sie wieder drangeklebt.“ Und er hat den Klostergarten seiner Pfarre in Lienz zum Erblühen gebracht. „Der war schon ganz verwildert. Ich habe die Rosenstöcke geschnitten und dem Garten seine alte Schönheit wiedergegeben.“

Pater Martin: beschwingt und fröhlich auch in Coronazeiten

Statt auf Reisen ging Pater Martin heuer mit kleinen Pilgergruppen einige Etappen des „Hoch und Heilig“-Wegs in Osttirol. „Das Gehen an der frischen Luft war ja kein Problem, nur ins Gasthaus konnten wir danach leider nicht“, schmunzelt er. Dass Martin bei Gottesdiensten vor dem Austeilen der Kommunion jetzt seine Hände desinfizieren muss, sorgt mitunter für Unmut: „Der desinfizierte Jesus schmeckt nicht gut.“

Es gibt drei Anekdotenbücher über Pater Martin – bestellbar in jeder Buchhandlung. Der erste Band ist nur noch über Thalia und Amazon erhältlich.

Wie Chorkonzerte möglich werden

Singen wird in Corona-Zeiten häufig als gefährlich dargestellt. Sorgen, dass das Chorleben dadurch praktisch zum Erliegen kommt, sind sicher berechtigt. Hoffnung bereiten dieser Tage Chorkonzerte wie jenes der Wiener Singakademie, die Antonín Dvořáks Messe in D-Dur mit Robert Kovács an der Orgel im Konzerthaus erklingen ließ. Dirigent Heinz Ferlesch war es, der nach dem Corona-Lockdown an vorderster Front gekämpft hatte, um Proben- und Aufführungspraxis nicht völlig im Keim ersticken zu lassen.

Mit durchdachtem Hygienekonzept und klaren Verhaltensregeln gelingt dies! Kleinere Besetzungen, längere Pausen zum Lüften, Desinfizieren von Sesseln und Notenständern, genau markierter Platz mit Abstand für jede Sängerin und jeden Sänger prägen etwa die Proben. Zum Konzert kommen die Musiker bereits mit Chorkleidung, das Umziehen wird auch hinterher auf Zuhause verlegt. Die Maske wird auf der Bühne erst am Platz abgenommen. Dass sich der große Aufwand lohnt, versteht sich von selbst! Besonders das Cum Sancto Spirito, das Hosanna und das Dona Nobis Pacem ließen einen im Großen Saal beglückt und dankbar zurücklehnen: Danke, dass es noch Chormusik gibt!

Abstand und Maske bis zum Platz gilt im Konzerthaus für den Chor genauso wie für die Besucher.

Kein Huster im Konzerthaus

„Viel Freude in diesem intimen Rahmen“, wünschte Konzertmeisterin Sophie Heinrich den hundert zugelassenen Besucherinnen und Besuchern im Wiener Konzerthaus. Starpianist Igor Levit und die Wiener Symphoniker füllten es nach der Coronavirus bedingten Schließung wieder mit Leben und Musik – in Form von Mozarts Konzert für Klavier und Orchester in A-Dur. Tatsächlich war der Abend intim. Statt dem sonst so geschäftigen Treiben im Foyer traf man diesmal nur auf das mit Visier ausgestattete Konzerthaus-Team – und auf einen Videojournalisten, der für das französische Fernsehen zur Wiedereröffnung interviewte. Das Publikum saß im Mozartsaal großzügigst verteilt und durfte erst am Platz den Mund-Nasen-Schutz abnehmen. Auch das Orchester nahm die Ein-Meter-Abstandsregel auf der Bühne sehr ernst. Der Dirigent wurde überhaupt eingespart – es geht auch so! Top: Auffällig in diesen Pandemiezeiten: die enorme Spielfreude der Musikerinnen und Musiker! Und – wirklich niemand im Konzert hustete.

Ausverkauft – aber halbleer: die ersten Konzerte im Mozartsaal mit Igor Levit

Streetart mit Mund-Nasen-Schutz

Graffiti-Sprayer tragen bei ihrer Arbeit schon länger Masken. Seit der Coronavirus-Pandemie ist der Mund-Nasen-Schutz auch in der Kunst selbst angekommen. Beim MuseumsQuartier in Wien etwa sind aktuelle Werke von Wiener Künstlerinnen und Künstler auf großen Planen zu sehen. Sogar Jesus und Maria tragen hier Masken. Unter dem Motto „Alles wird gut“ soll die Kunst in „Zeiten einer sozialen Distanzierung und des totalen kulturellen Shutdowns“ Hoffnung verbreiten.

Jesus und Maria – von Kurator Sebastian Schager (artis.love)
„Alles wird gut „- trotz allgegenwärtigem Mund-Nasen-Schutz