Riesiges Weinfass unter der Hofburg

Im Keller der Wiener Hofburg werden Schätze gelagert, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Unter der Präsidentschaftskanzlei etwa befindet sich ein riesiges gemauertes Weinfass. Es hat ein Fassungsvermögen von 731,5 Hektolitern und diente einst der Lagerung von Weißwein für die Hofbediensteten.

Zementfass mit Glaskeramik im ehemaligen Hofweinkeller.

Wenige Meter weiter bewahrt die Burghauptmannschaft rund 2.000 beeindruckende Gipsmodelle auf – von Fassadenelementen, Schlusssteinen und Denkmälern, die an der Ringstraße stehen. Muss eine Statue saniert werden, kann das Originalmodell des Künstlers aus dieser Sammlung herangezogen werden.

Ein abgelehnter Entwurf des Denkmals von Kaiserin Elisabeth im Volksgarten.

Rassismus, Kunst und Kommerz: Basquiat in der Albertina

Wer war Jean-Michel Basquiat? Er gilt als erster schwarzer Künstler mit Weltruhm, machte sich zuerst in der New Yorker Graffiti-Szene einen Namen, zeichnete in den 1980ern gegen Rassismus und Polizeigewalt, war mit Andy Warhol befreundet und starb mit 27 Jahren an einer Überdosis Drogen. Selbst als Superstar der Kunstszene hatte er Probleme, nach Partys ein Taxi zu bekommen, wurde von Ladendetektiven verfolgt und von der Flughafenpolizei verhört – aufgrund seiner Hautfarbe. Basquiats Themen sind leider nach wie vor aktuell. (Black Lives Matter...)

Die Albertina widmet Basquiat bis 8. Jänner eine Retrospektive – mit 50 Werken und einem Film. Vor allem beim jüngeren Publikum scheint die Schau – zurecht – ein Riesenerfolg zu werden. Spannend: Der Albertina-Shop verkauft neben den üblichen Katalogen, Ansichtskarten und Postern auch Basquiat-T-Shirts (100 Euro), Socken, Sammelfiguren und Geschirr. Teure Fanprodukte, aber natürlich günstiger als Originale. Vor fünf Jahren wurde ein Basquiat-Bild mit Totenkopf-Gesicht um knapp 100 Millionen Euro versteigert.

Selbstporträt von Basquiat in der sehr gut besuchten Albertina-Schau.

Tizians Frauen in der Zielgeraden

Bis 1500 wurden Frauen nur in biblischen Szenen gemalt: Sünderin Eva oder die göttliche Maria. Ab dann ging es aber zur Sache, zumindest in Venedig. Die schöne junge Frau wurde von Tizian, dem Superstar der Renaissance, und seinen Zeitgenossen erotisch porträtiert. Von Männern für Männer. Eine entblößte Brust war etwa das visuelle Zeichen, dass eine Frau offenen Herzens in die Ehe eintritt.

Die Sonderausstellung „Tizians Frauenbild. Schönheit – Liebe – Poesie“  im Kunsthistorischen Museum Wien wurde von Beginn an kontrovers diskutiert. Zu konservativ? Zu wenig Hintergrund? Doch feministisch? Noch eine Woche gibt es Gelegenheiten, sich selbst ein Bild zu machen, bevor sie in den Palazzo Reale in Mailand übersiedelt: Online-Führungen, Venezianische Abende bei Antipasti und Aperitivo oder das Grande Finale Veneziano am letzten Tag.

Liebespoesie und Literatur inspirierten. Allen voran Francesco Petrarca, dessen Angebetete Laura DIE literarische Figur war damals. Ihre Haare sollen so anziehend gewesen sein. Auch die Dame am Sujetbild parfümiert sich ihre Haare.
Viele Werke sind hochkarätige Leihgaben – ob aus St. Petersburg, der Villa Borghese in Rom, oder wie dieses aus dem Dogenpalast in Venedig selbst.

Ein Hauch von „Inception“ im MuseumsQuartier

Es erinnert an Filme wie Matrix und Inception, wenn sich die Gebäude des MuseumsQuartiers verformen, neu zusammensetzen oder gar einstürzen. Möglich macht diese Effekte die Lichtinstallation „re:flexion“. Zum 20. Geburtstag des MuseumsQuartiers bespielen die beiden Künstler Tim Schmelzer und Marcus Zobl die Fassaden des Leopold Museums, der Halle E+G, des mumok und die Hauptfassade des MQ mit einer 20-minütigen Ton-, Licht- und Lasershow. Die Projektionen erzeugen einen 360-Grad-Effekt, der einen staunend zurücklässt. Eine Woche lang sind sie jeden Abend dreimal zu sehen.

Laserstrahlen schießen auf die Museen – wie hier auf das mumok.
Das Leopold Museum wird Stein für Stein wieder aufgebaut.

Es ist die zweite Aktion, die innerhalb weniger Wochen für Staunen sorgt. Erst kürzlich war die Netzskulptur „Earthtime 1.78 Vienna“ der Künstlerin Janet Echelman im Haupthof aufgebaut. Ein 44 Meter langes und 35 Meter breites Netzgebilde, das über dem Hof schwebte und durch Wind und Lichtspiele beeindruckte.

Echelmans Skulptur wachte ein Monat lang über die Enzis.

Ganymed: Die Macht ist stark im KHM

Die Premiere ging sich 2020 kurz vor Corona noch aus. Eineinhalb Jahre musste „Ganymed in Power“ dann aber warten, bis es diese Woche endlich zur Wiederaufnahme der 7. Auflage des beeindruckenden Kunstformats kam. Autorinnen und Komponisten waren wieder angehalten, die Alten Meister im Kunsthistorischen Museum Wien neu zu interpretieren – nach Natur und Liebe war das Thema diesmal Macht. Egal, bei welchem der zwölf Acts man seinen Klapphocker an diesem Abend aufstellt, man erlebt die Gemälde mit völlig anderen Augen… und Ohren!

Ganymedinpower
„Alle Kinder, die jetzt geboren werden, kennen keine Welt ohne Corona“, überlegt Manaho Shimokawa.

Neben der abgestimmten Glitzerkleidung der Künstler fallen dieses Jahr besonders die ausgefallenen Instrumente auf: Ist es eine Mini-E-Geige oder doch eine Gitarre, der Matthias Jakisic diese Töne entlockt? Er begleitet Peter Wolf beim Sinnieren über Pinot Noir. Vor dem Rubens-Gemälde „Cimon und Efigenia“ wird eine Gitarre mit zwei Hälsen bearbeitet und neben dem Mini-Bild „Maria mit Kind“ liefert eine Drehleier den Soundtrack zu den Freuden und Ängsten einer tatsächlich hochschwangeren Manaho Shimokawa. Das Instrument am Schoß von Verena Zeiner kennt man schließlich: Mit Keyboard begleitet sie einen Stopp Motion-Film über den Baby-Drachen, dessen Papa vom Heiligen Georg am Gemälde nebenan erstochen wurde.

Ganymedinpower
Schräge Gitarre und schräger Gesang zu Peter Paul Rubens.

Absolutes Highlight: „Blech und Tizian“. Die Musiker Martin Eberle und Martin Ptak sind zwar schon Ganymed-erprobt, mit Trompete, Posaune und Klavier heuer aber besonders gefordert. Ihre mächtigen Blech-Episoden sind auch vor dem Besuch beim Tizian-Gemälde den ganzen Abend immer wieder durch die gesamte Gemäldegalerie zu hören.

Man hat wie immer nur bis 22:00 Uhr Zeit, sich alle Darbietungen zu geben. Wer sich zum Hirn-Auslüften zwischendurch in der Kuppelhalle den Pinot Noir gönnen will, den Mikael Torfason in seinem Text verherrlicht, muss jedenfalls auf den einen oder anderen Act verzichten. Fazit: Berührt, bewegt, begeistert und ein wenig ausgepowert nimmt man vor dem Museum schließlich die Maske ab. Ganymed ist jedes Mal ein Genuss! Bis Ende August gibt es noch 15 Termine.

Ganymedinpower
Der Text zu Pieter Bruegels „Die Kinderspiele“ geht besonders unter die Haut.
Ganymedinpower
Christian Nickel schreckt in der Nacht hoch, weil er vom mächtigen weißen Pfau träumt.
Ganymedinpower
Ob Gold oder Silber: Die Künstlerinnen und Künstler glitzerten diesmal um die Wette.

Ein fast kostenloser Kuss

Noch ist es nicht zu spät, noch sind nur eine Handvoll Touristen in Wien. Die ideale Gelegenheit, um gemütlich ein paar Kunsthighlights anzuschauen: im Belvedere etwa den berühmten Kuss von Gustav Klimt oder die Dame mit Fächer, die nach über 100 Jahren jetzt wieder in Wien ist und seit 1994 gar nicht öffentlich zu sehen war. Momentan ist das ohne Gedränge und Anstellen möglich. Ein Traum! Top: Die Bundesmuseen-Card gibt es noch bis Ende August für 19 statt 59 Euro. Damit kann man acht Museen wie die Albertina und das Kunsthistorische Museum je einmal besuchen.

Ein Kuss für sich allein: Der Einsatz von Edelmetall lässt Gustav Klimts Hauptwerk wie ein kostbares Schmuckstück glänzen.
Die Schulter entblößt, die Brust nackt: Die verführerische „Dame mit Fächer“ ist eine Variation von Klimts Lieblingsthema – der „schönen Wienerin“.

Einmalig: Geisterschloss Schönbrunn

Auf der Tour durch Spiegelsaal, Große Galerie, Frühstückskabinett, Porzellanzimmer und Co. begleiten einen normalerweise hunderte weitere Sightseer. Derzeit hat man die über vierzig Ausstellungsräume des Schloss Schönbrunn für sich alleine. Wirklich ganz für sich alleine! Nur im schwarzen Vieux Laque-Zimmer – Maria Theresia ließ es nach dem plötzlichen Tod ihres geliebten Gatten als Gedächtniszimmer einrichten – trifft man auf eine Handvoll Restaurateure, die den wertvollen Boden bearbeiten. Und die voll besetzten Shops erinnern einen, dass mit den vielen Sisi-Souvenirs hier sonst die Kassen klingeln.

Es ist jetzt DIE Gelegenheit, sich zwischen dem ganzen Rokoko-Pomp völlig entspannt eine Geschichte-Stunde über Österreichs Habsburgerzeit zu gönnen. Viele unterschiedliche Zimmer erzählen die aufregenden Geschichten ihrer Bewohner, die auf den Gemälden fast zum Leben erwachen. Hier spielte der sechsjährige Mozart vor, hier starb Napoleons Sohn, hier hielt Kaiser Franz Joseph seine Audienzen, hier schrieb Kaiserin Elisabeth ihr Tagebuch, hier trafen sich John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow,…

Freundlicher Tipp der Garderobiere: Lassen Sie die Jacken an! Es ist ziemlich kühl oben – es wird nicht geheizt.

Der Weihnachtsbaum steht heuer etwas verloren da, die Prunksäle sehen hingegen ohne Menschenmassen viel besser aus.

Große Kunst nach dem Lockdown

Ein Leben ist reicher, wenn man es unter Träumern verbringt – sagen die Kunstsammler Karlheinz und Agnes Essl. Die Albertina Modern darf seit heute einen Teil ihrer Schätze zeigen. Coronasicher, wie Museumsdirektor Klaus Albrecht Schröder überzeugt ist. Die Lüftungsanlage im Museum sorge dafür, dass alle zehn bis zwölf Minuten die Luft im Gebäude komplett getauscht werde.

Peter Lands Installation widmet sich dem Kontrollverlust beim Übergang in den Schlaf.

„The Essl Collection“ bietet große Kunst, die mit Corona eigentlich nichts zu tun hat. Trotzdem könnte man einige Werke jetzt mit anderen Augen sehen. Peter Lands langgezogene Figur im Pyjama etwa, die nicht mehr so schnell aus dem Bett kommt. Zum Schmunzeln auch Heimo Zobernigs Skulptur aus Klopapierrollen. Für so ein Kunstwerk brauche er zwei bis drei Jahre. Bei einem Lockdown wäre er vielleicht schneller gewesen…

Bereits 2008 entstanden, aber aktueller denn je: Heimo Zobernigs Klopapierrollen-Skulptur.

Aufregung um Banksy-Ausstellung

Banksy ist einer der berühmtesten Street-Art-Künstler der Welt. In den Wiener Sofiensälen ist mit „The Art of Banksy“ gerade eine nicht autorisierte Ausstellung über den anonymen Briten zu sehen. Die Aufregung darüber ist groß. Darf man das? Werke, die im öffentlichen Raum zu sehen waren als Kopien in ein Museum hängen und dafür Geld verlangen? Noch dazu ohne Erlaubnis des Künstlers? Am Eröffnungstag protestierte jedenfalls ein junger Mann mit Schild vor der Ausstellung. So mancher Besucher mutmaßte: „Du wirst sicher dafür bezahlt, dass du hier stehst.“ Vielleicht sogar von den Ausstellungsmachern? Oder von Banksy selbst? Auch an die Hausmauer der Sofiensäle war ein Protestbild gesprayt worden.

Die Ausstellung selbst zeigt jedenfalls einen guten Überblick über Banksys Werke – unter anderem das weltberühmte „Girl and Baloon“ – das Bild hatte sich bei einer Kunstauktion vor zwei Jahren selbst geschreddert. Die Ausstellung ist nett, aber nicht echt. Street-Art gehört einfach auf die Straße, nicht in Prunksäle. Banksys zumeist politische Botschaften bleiben trotzdem hängen: „If graffiti changed anything – it would be illegal.“

Denkmal für gerettete Kinder

„Wer ein einziges Menschenleben rettet, ist, als hätte er die ganze Menschheit gerettet.“ Dieser Spruch aus dem Talmud ist bei der „Für das Kind“-Skulptur der Bildhauerin Flor Kent am Wiener Westbahnhof zu lesen. Sie zeigt einen Buben mit traurigem Gesicht, der auf einem Koffer sitzt. Von Touristen oft fotografiert geht die Bronzeskulptur bei Einheimischen im Shoppingcenter eher unter.

Flucht startete am Westbahnhof

Das Denkmal ist „dem britischen Volk in tiefster Dankbarkeit“ gewidmet. „Sie haben die Leben von 10.000 jüdischen und nicht-jüdischen Kindern gerettet, die zwischen 1938 und 1939 vor der Verfolgung der Nazis nach Großbritannien fliehen konnten, den sogenannten Kindertransporten. Die meisten Kinder begannen ihre Reise am Wiener Westbahnhof.“ Sie durften nur einen Koffer ohne Wertgegenstände mitnehmen. Die Züge fuhren mitten in der Nacht, es gab keine Zeit für lange Verabschiedungen, die meisten geretteten Kinder sahen ihre Eltern nie wieder. Auch am Ziel ihrer Reise – in der Londoner Liverpool-Station – steht heute so eine Bronzeskulptur.

Innehalten mitten in der Einkaufshektik am Wiener Westbahnhof