Wilde und Wiener Klänge im Konzerthaus

Nach einem Tag voll starkem Sturm hingen auf der Bühne des Wiener Konzerthaus gleich drei Donnerbleche, die das wilde Wetter „nachahmten“. Und es waren nicht die einzigen Klangeffekte, die einer beeindruckenden Orchester-Komposition an diesem Abend ihren Stempel aufdrückten: Die Wiener Symphoniker brachten unter ihrem Chefdirigenten Andrés Orozco-Estrada den Liedzyklus „Jittering Directions“ von Johannes Maria Staud zur Uraufführung. Der österreichische Komponist hatte sich während der Lockdowns Gedichte des Lyrikers William Carlos Williams vorgenommen und für Orchester und Sopran vertont. Experimentell, expressiv und rhythmisch fordernd verlangen die Stücke hohe Flexibilität. Und das sogar vorab: Die Sängerin Yeree Suh musste für Andrea Carroll einspringen und war mit Leib, Seele und toller Stimme am Werk. Hut ab!

Im zweiten Teil des Konzerts durften die Symphoniker zu Richard Strauss‘ Tondichtung „Also sprach Zarathustra“ wieder ihren legendären Wiener Klang auspacken. Hauptact: der wie immer höchst sympathische wie makellose Konzertmeister Dalibor Karvay. Tipp: Am Sonntag gibt es in der Matinee um 11:00 Uhr noch einmal die Gelegenheit, diese Werke zu erleben!   

Die Wiener Symphoniker begeisterten einen – dieser Tage nicht üblich – nahezu vollen Konzertsaal!

Mahler mit Hüftschwung

Gustav Mahlers dritte Sinfonie ist nichts für schwache Nerven. Nicht nur für die Orchestermusiker gibt es kaum Zeit zum Ausruhen, auch als Zuhörerin ist man ständig gefordert. Nie darf man sich einer Klangwelt sicher sein. Innerhalb weniger Takte ist man vom Vogelgezwitscher bei der Marschkapelle, vom filigranen Oboen-Solo beim epischen Filmsoundtrack angelangt. Erkennt man gerade ein Motiv in den Holzbläsern wieder, grätschen die Streicher wild hinein. Grandios!  

Die Wiener Symphoniker begeisterten mit diesem Meisterwerk der Spätromantik gestern am zweiten Abend in Folge das Konzerthaus-Publikum im Großen Saal. Dem Orchesterklang (besonders die Blechbläser kommen bei Mahler ordentlich dran und liefern auf Weltklasseniveau ab), den Soli (unglaublich, dass eine Posaune so klingen kann) und der Chor-Kombi (die Wiener Sängerknaben und die Damen der Wiener Singakademie strahlen glockenhell) stahl aber beinahe jemand anderer die Show: Dirigent Andrés Orozco-Estrada. Man würde jedes Detail der Musik hören, sähe man nur ihm alleine zu. Besonders im tänzerischen zweiten Teil wollte man am liebsten mittanzen: ein Hüftschwung zum Niederknien.

Kleines Detail für die Geschichtsbücher: Da es der erste Tag war, an dem nur geimpfte und genesene Gäste zugelassen waren (2G-Regel), durfte man erstmals seit Pandemiebeginn ohne Maske im Saal sitzen: das i-Tüpfelchen auf diesem Konzertgenuss!

Großartig gespielt: Diese 2G gelten im Großen Saal immer.

Musik für „Moonfall“ aus Wien

Wenn der Mond auf die Erde stürzt, kommt die Musik dazu aus Wien: Aktuell wird für Roland Emmerichs 140-Mio.-Dollar-Blockbuster Moonfall die Filmmusik in Wien aufgenommen – und nicht in London oder Los Angeles. Bei Projekten dieser Größe wird nichts dem Zufall überlassen. Komponist Thomas Wander schwärmt von den Aufnahmen in der Synchron Stage Vienna am Rosenhügel. Die Musikerinnen und Musiker kommen aus Spitzenorchestern wie den Wiener Symphonikern, dem ORF Radio Symphonieorchester und Co. In der Synchron Stage sind bereits Filme wie „Mission: Impossible 5“, aber auch Netflix- und Amazonserien vertont worden. Großes Kino, bei dem Wien den Ton angibt.

Bis Oktober wird in der Synchron Stage die symphonische Filmmusik für „Moonfall“ aufgenommen.

Hai-Soundtrack aus Wien

Die Filmmusik zu Der weiße Hai von John Williams ist weltberühmt. Jetzt gibt es mit „The MEG“ einen neuen Hai-Blockbuster – mit Musik von einem anderen Williams, Komponist Harry Gregson-Williams. Der Soundtrack (Hörprobe) wurde in Wien vom Synchron Stage Orchester aufgenommen. Eine Top-Werbung für die Musikhauptstadt!

„Jeder, der Musik macht, träumt davon, nach Wien zu kommen. Willst du Country-Musik, gehst du nach Nashville, willst du ein Orchester, dann nach Wien“, streut auch  Jon Turteltaub den Rosenhügel-Studios in Wien Rosen. Der Hollywood-Regisseur kam extra aus Los Angeles angereist, um die Aufnahmen zu besuchen. Übrigens: Auch die Filmmusik von Mission: Impossible 5 – Rouge Nation wurde in Wien aufgenommen.

Harry Gregson-Williams (c) Heinz Zeggl

Hollywood-Komponist Harry Gregson-Williams in Wien. (c) Heinz Zeggl

Böser Hai im Kino
In „The MEG“ gehts um einen bösen, bösen Riesenhai, der ein U-Boot angreift und manövrierunfähig macht. Ein Team bestehend aus Forschern und Tauchern (mit Actionheld Jason Statham) bricht auf, um die Besatzung zu retten und den mehr als 20 Meter langen Hai zu töten. Der Streifen kommt Ende August ins Kino.

Mit Musik dem Himmel nah

„Durch die Leidenschaft lebt der Mensch. Durch die Vernunft existiert er bloß.“ Leidenschaft ist auch zu spüren, wenn Heinz Ferlesch, sein Chor Ad Libitum sowie Alfred Lauss-Linhart mit seinem Ensemble Pro Brass auf der Bühne stehen. So geschehen am Sonntag, als sie unter dem Titel „La Passione – Wie im Himmel, also auch auf Erden“ in der Pfarrkirche Langenhart gemeinsam ein außergewöhnliches Konzert zum Besten gaben. Sehr beeindruckend war das Stück „Stars“ von Eriks Esenvalds: Die Sängerinnen und Sänger nahmen dafür Weingläser zur Hand, befeuchteten sie an den Rändern mit Wasser und erzeugten durch Kreisbewegungen mit ihren Finger jenen mystischen Klang, der uns an Sterne und das Weltall erinnert. Top: Keine plumpe Showeinlage, sondern in Kombination mit Chor und Orchester ein selten-akustisches Erlebnis!

AdLibitumProBrass

Als „Krönung“ boten der Chor Ad Libitum und das Ensemble Pro Brass „Zadok the Priest“ von G. F. Händel dar – ein imposantes Werk, das viele durch die Champions League Hymne kennen.

Für Klassikfans hier noch ein Auszug aus dem Programm:

Buchtipp: „Pater Martin 2“ von Florian Kobler – rund 80 neue Anekdoten und Abenteuer des beliebten Franziskanermönchs. Mit humorvollen Comics von Georg Atteneder.

Rockstar unter den Komponisten

Am Freitag gab Hans Zimmer mit einem 70 Musiker starken Orchester ein Konzert in der ausverkauften Wiener Stadthalle. Zu hören war ein „Best of“ seiner Soundtracks – von Sherlock Holmes, Da Vinci Code, Fluch der Karibik, Gladiator, Der schmale Grat, The Dark Knight, König der Löwen bis Inception. Der gebürtige Deutsche und nun Hollywood-Komponist moderierte amüsant und anekdotenreich durch das Programm und versammelte großartige Sänger und Musiker um sich auf der Bühne. Musikalisch war das Konzert ein Hammer! Doch die Akustik in der Halle D sowie die irritierende Lichtshow (inklusive Visuals im Windows-Media-Player-Stil) trübten die Freude etwas. Fazit: Ein „amerikanisches“ Konzert – bombastisch, aber mitunter ohne Gefühl.

Hans Zimmer

Drei Stunden Musik mit dem 58-jährigen Oscar-Preisträger

Buchtipp: „Pater Martin 2“ von Florian Kobler – rund 80 neue Anekdoten und Abenteuer des beliebten Franziskanermönchs. Mit humorvollen Comics von Georg Atteneder.

Im Bann der Mafia-Musik

Wenn die Trompete den weltberühmten Godfather Waltz von Nino Rota spielt, ist Gänsehaut garantiert. Generell ist die Musik von Francis Ford Coppolas Meisterwerk „Der Pate“ (1972) ein Erlebnis. Noch intensiver kann man den Film mit Liveorchester erleben. Gestern Abend spielte etwa das Tschechische Nationale Symphonieorchester (CNSO) mit Dirigent Justin Freer die Musik zum Film in der Wiener Stadthalle. Fazit: Karten um 80 Euro sind eine Menge Geld, die Bildqualität ist nicht gerade atemberaubend, die Akustik in der Stadthalle auch nicht. Aber das Orchester spielte hervorragend und die Gelegenheit, diese Filmmusik live zu hören (und zu sehen) ist ein einmaliger Genuss. Top!

"The Godfather live" in der Wiener Stadthalle

„The Godfather live“ in der Wiener Stadthalle

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Osterhochamt mit Orchester

Halleluja! Das Schönste an Ostern ist die Musik. In fast jeder Kirche spielt ein Orchester, singt ein Chor oder treten Solisten auf. In St. Valentin (NÖ) wurde die Missa in G von Franz Schubert aufgeführt. Außerdem die Kirchensonate in B, KV 68 von W. A. Mozart, Let the Bright Seraphim aus dem Oratorium Samson von G.F. Händel (Grandioses Piccolo-Trompetensolo von Martina Wirth!) und das Stück Victimae Paschali Laudes von Johann Joseph Fux. Dirigiert hat Christoph Bitzinger. Ausführende Musiker waren der Kirchenchor, ein zusammengewürfeltes Profiorchester sowie die Solisten Elisabeth Würzburger (Sopran), Stephan Haigermoser (Tenor) und Kurt Köller (Bass). Ich frage mich immer, wie viel Musiker für ein Osterhochamt bezahlt bekommen. Schon klar, die Gagen, die sich meist in zugeklebten Kuverten befinden, sind unterschiedlich hoch. Der Chor singt oft gratis. Aber dennoch kommt sicherlich eine Summe zusammen, die den Pfarrer vom Hocker reißt. Oder spielen die Musiker für ein paar Ostereier und aus Freude an der Musik?

Buchtipp: “Pater Martin” –  Lustige und spannende Kurzgeschichten
über die Abenteuer eines Franziskaners. Infos und Blick ins Buch.