„Eine heile Welt, die eine Weile hält“

Die Familie Lässig ruft bei ihren drei Neujahrskonzerten im Wiener Stadtsaal „Eine heile Welt“ aus. Gunkl erklärt, dass es sich dabei um eine präfaktische Behauptung handelt. „Manchmal muss man Dinge behaupten, bevor man sie in die Wirklichkeit wuchten kann.“ Es sei entscheidend, dass die Idee gefasst und formuliert sei. Man könne nicht einfach darauf warten, dass sie zufällig passiert. Neujahrsvorsätze haben also doch einen Sinn! Gutes, neues Jahr 2023!

 Die Familie Lässig probt in einem geheimen Keller im 15. Bezirk – und besteht aus Gunkl, Manuel RubeyCathi PriemerClara LuziaGerald Votava und Boris Fiala.

Baustellen-Party über Wien

Eine Party mit DJs im Lockdown? Ja, das geht, wenn das Publikum zuhause bleibt und nur per Stream mitfeiert. Steve Hope und Philipp Straub haben zwei Stunden lang auf der Dachterrasse einer Hotelbaustelle vor mehreren Kameras aufgelegt. Die Aufnahmen hat Wien-Tourismus als „Zeichen der Hoffnung“ hinaus in die Welt geschickt. Der Gastgeber, das Musikhotel Jaz in the City, will im Sommer in der Windmühlgasse eröffnen. Bis der internationale Tourismus zurückkehrt, setzt es auf musikliebende Einheimische: Die Lobby wird ein Schallplatten-Geschäft, die Zimmer dienen als Proberäume samt Plattenspieler und neben den Bars gibt es Bühnen für Liveauftritte – für die Zeit nach der Pandemie.

Steve Hope hofft auf baldige Rückkehr des Party-Nachtlebens

Im T-Shirt ins Konzerthaus

In manchen Nächten öffnet das Konzerthaus seinen Keller für junge Bands aus Österreich. Jugendliche begeben sich dann in das ehrwürdige Haus, geben ihre Jacken artig an der Garderobe ab, lassen ihr Bier in einen Plastik-Mehrwegbecher umfüllen, nehmen vom Publikumsdienst verwundert ein Programmheft entgegen und machen sich, wenn es läutet und blinkt, zum verdunkelten Berio-Saal auf. Der Holzboden ist extra mit schwarzen Gummimatten abgedeckt. Um 21.30 Uhr gehen die sogenannten City Sounds-Konzerte los. Am Dienstag traten Naked Cameo auf, die es mit ihrer ersten Single Luddite auf Platz 1 der „Spotify Viral Charts“ geschafft haben. Top: Das Konzerthaus steht für Qualität. Auch bei Popkonzerten im Keller ist der Sound sagenhaft gut.

Der Berio-Saal ist bei den „City Sounds“ fast nicht wiederzuerkennen

Musik und Mode aus Tierhaut

In Wien gibt es Salonkonzerte im exklusiven Rahmen. Eines, der sogenannte Klang-Salon, fand diese Woche im Fernolendt-Haus statt – ein historisches Gebäude in der Landstraßer Hauptstraße, in dem einst die Dichterin Marie von Ebner Eschenbach gearbeitet hat.

Perkussionistin haut auf Haut
Unter dem Motto „Leder“ war ein Konzert der Perkussionistin Ingrid Oberkanins zu hören. Die Oberösterreicherin spielte auf zahlreichen Trommeln, Rasseln und anderen Instrumenten aus u.a. Kuh-Leder – und nahm sich selbst dabei mit einer Loop-Station auf. Höhepunkt war ein Stück, das sie für eine Dokumentation komponiert hatte, in der es um Flüchtlinge geht, die in Österreich Skifahren lernen. Zwischen den Stücken suchte Oberkanins mit viel Humor ihre Instrumente. „Die Hälfte eines Perkussionistin-Lebens besteht aus Herumwerken und Tragen“, erklärte sie.

Ingrid Oberkanins bei fünften Wiener Klang-Salon

Perkussionistin Ingrid Oberkanins beim 5. Wiener Klang-Salon

Fischleder als zweite Haut
Passend zum Thema war auch Sabina Brägger zu Gast. Die Schweizer Designerin findet es oft alles andere als schön zu wissen, woher die Materialien für Kleidung und Co. kommen.  Sie fertigt ihre Mode daher selbst – und zwar aus Abfallstoffen. Genauer gesagt aus Störleder und Bisonwolle – nachhaltige Produkte, hinter denen sie stehen könne.

Social Media auf der Kabarettbühne

„Stirb bitte!“ schreibt die eine Zwillingsschwester der anderen unter ihr hochgeladenes Klarinettenvideo. Doch weil solche Aufforderungen in sozialen Netzwerken „ja meistens eh nur sowas wie eine patschert formulierte Einladung zur Kontaktaufnahme sind“, kommen die Zwillinge nach langer Zeit wieder ins Gespräch. „Was willst du? Brauchst du eine Niere?“

Radeschnig Doppelklick Flyer

Nicole und Birgit RaDeschnig spielen in „Doppelklick“ mit ihrer Zwillingsrolle und zeigen, was sie musikalisch draufhaben. Am Mittwoch war umjubelte Premiere im Kabarett Niedermair.

Mehr als Katzenvideos
Bewafftet mit Klarinette und Harmonika widmen sich Nicole und Birgit RaDeschnig in ihrem fünften Programm „Doppelklick“ dem Internet. Sie manipulieren auf der Bühne eine Wahlrede, machen aus einem Fernsehinterview über zusammengefahrene Katzen einen Musikremix à la Kurt Razelli, leugnen die Herkunft von Vorarlberg und wundern sich über die verschiedenen Google-Suchergebnisse über Chemnitz, die sie je nach eigener Echokammer bzw. Filterblase ausgespuckt bekommen.

Das Duo RaDeschnig bleibt sich treu und zeigt ein wahnsinnig-intelligentes Kabarett voller Überraschungen, Ideen und künstlerisch top umgesetzter Sketches.  Das ist eine Warnung für alle, die einen einfachen Wohlfühlabend erwarten.

Buchtipp: BlöZinger – die ersten zehn Bühnenjahre des Clown- und Kabarettduos.

Hoppala: Nadja Maleh übt Kritik

„Was habe ich mit Steve Jobs gemeinsam? Wir sind beide Kinder eines syrischen Immigranten“, erzählt Nadja Maleh zu Beginn ihres neuen Kabarettprogramms „Hoppala!“. Und die beliebte Entertainerin bleibt – unterwartet – politisch.

„Herr Kurz, wie finden Sie die Kabarettistin Nadja Maleh? – Vielen Dank für die Frage. Ich möchte mich bedanken für die Verantwortung, die mir übertragen wird, wenn ich diese Frage beantworten soll. Ich möchte niemanden anpatzen, aber auch der Regierungspartner findet, dass unsere österreichischen Künstler und Künstler Großartiges leisten. Und auch ich möchte mich an diese Meinung halten. Natürlich ist Nadja Maleh in Ordnung, aber erst wenn sie eine Weile ins Sozialsystem eingezahlt hat. Und ich möchte hinzufügen: Nadja Maleh ist nicht Mitglied meiner Partei, ist weder meine Wehrsprecherin noch meine Kabarettistin. Sie ist auch nicht Mitglied meiner Bundesregierung, insofern ist sie auch nicht meine Angelegenheit. Außerdem habe ich die Westbalkanroute geschlossen, damit nicht weitere ungelernte syrische Kabarettistinnen ins Land kommen können…“

Ernste Botschaften lustig verpackt
Natürlich verpackt Nadja Maleh ihre Botschaften in einem bunten Programm mit schwungvollen Liedern und flachen Schenkelklopfern. Sie thematisiert Sex, parodiert YouTube-Stars und schimpft über deutsche Urlauber. Vermutlich, um das Publikum nicht abzuschrecken, das gerne lachen und unterhalten werden will. Dennoch blitzt zwischendurch immer wieder Kritik an Gesellschaft und Politik durch.

Wie etwa beim folgenden Rätsel: Ein Vater fährt mit seinem Sohn im Auto. Sie haben einen schweren Autounfall, bei dem der Vater sofort stirbt. Der Sohn wird mit schweren Kopfverletzungen in eine Spezialklinik geflogen. Die Operation wird vorbereitet. Der Chefchirurg erscheint, wird plötzlich  blass und sagt: „Ich kann nicht operieren. Das ist mein Sohn.“ –  Wer ist der Chefchirurg? (Lösung – siehe unten!)

Nadja Maleh Hoppala

Mit perfekter „Sprechtrainerinnen“-Stimme und fröhlichem Gesang widmet sich Maleh den Hoppalas seit dem Urknall bis in die (politische) Gegenwart.

Der Chefchirurg ist die Mutter. Malehs Botschaft: Gendern macht Sinn. Diese Woche hatte sie mit „Hoppala!“Premiere in der Kulisse. Auch eine neue CD ist erschienen.

Das Comeback der Kassette

Nach der Schallplatte nun auch die Kassette: Es gibt so etwas wie ein kleines Comeback des totgeglaubten Tonträgers. Seit die amerikanische Kette Urban Outfitters in ihren Filialen Kassetten im hippen Umfeld anbietet, werden sie von jungen Leuten wieder gekauft. In Deutschland wurde heuer mit Tortellini Records ein neues Label nur für Kassetten gegründet und sogar die Soundtracks der relativ neuen Filmserien Guardians Of The Galaxy und Stranger Things (Netflix) gibt es auf Kassette.

Kassetten wie die Star-Wars-Hörspiele werden hoch gehandelt

Kassetten wie die Star-Wars-Hörspiele werden hoch gehandelt

Sammler digitalisieren alte Tapes und stellen die Aufnahmen samt Cover auf YouTube. Und Preise für alte Kassetten schießen weltweit in die Höhe – weniger bei Kinderkassetten, sondern bei Musik und Hörspielen für Erwachsene. Kassetten zu Filmen wie Star Wars oder Indiana Jones kosten auf Onlineplattformen bis zu 50 Euro.  Tipp: Wer noch spannende Kassetten zuhause hat: ausgraben, anhören – oder verkaufen! Es gibt genug, die noch Freude daran haben.

Buchtipp:Pater Martin“ – Kurzgeschichten über Österreichs lustigsten Franziskaner. Drei Bücher von Florian Kobler. Erschienen im Freya Verlag.

„Nackte“ Bands und Bier am Popfest

Das Popfest ist einer der vielen Gründe, warum Wien so eine großartige Stadt ist. Das alljährliche Musikfestival vor der Karlskirche ist gratis, gemütlich – und lädt ein, neue Popmusik aus Österreich kennenzulernen. Insgesamt treten rund 60 Acts – von Mavi Phoenix über Naked Lunch bis Kreisky – an vier Tagen auf. Eine Entdeckung ist dieses Jahr die Synthiepop-Band Naked Cameo, die soeben ihr Debütalbum „Of Two Minds“ veröffentlichte. Sehr hörenswert sind die Songs Pocket Dial und Luddite.

Eine lustige Geschichte, die entfernt etwas mit Luddite zu tun hat: Der Regisseur des Musikvideos hatte im Vorjahr großes Pech. Er kaufte einem Wiener Totengräber einen 1983er Toyota Camry ab.  Doch kaum hatte er das Liebhaberstück vor seiner Wohnung abgestellt, wurde es gestohlen. Die Diebe benützten den Camry als Rammbock und fuhren damit in die Auslage eines Wiener Juweliers. Noch in derselben Nacht stürmte die Sondereinheit WEGA die Wohnung des noch ahnungslosen Regisseurs.

Zurück zum Popfest: Die Halbe Bier kostet inklusive Einsatz fünf Euro. Um weniger als die Hälfte bieten Jugendliche mit Rucksäcken ihre gekühlten Dosen rund um die Karlskirche an. Weil diese Art des Straßenverkaufs illegal ist, werden sie von den Securitys vom Gelände geleitet. Ein Katz- und Mausspiel, bei dem niemand böse ist.

Naked Cameo am Popfest 2018

Eine Entdeckung am Popfest 2018: Naked Cameo und ihr Debütalbum „Of Two Minds“

Hier spielt gerade Kreisky am Popfest, die Band von Austrofred.

Hier spielt gerade Kreisky vor der Karlskirche – die Band von Austrofred.

Buchtipp:Pater Martin“ – Kurzgeschichten über Österreichs lustigsten Franziskaner. Drei Bücher von Florian Kobler. Erschienen im Freya Verlag.

Die zehn lustigsten Zitate von Robert Blöchl

„Gute Gesellschaft“ heißt das erste Solokabarett von Robert Blöchl – der „kleineren Hälfte“ des Kabarettduos BlöZinger. Hier die besten Zitate aus dem Programm:

1. Ich glaub, es kommen die Zombies und fressen unsere Gehirne. Sie werden nicht satt werden.
2. Nach 14 Jahren als Ministrant – da hört man nicht auf. Das ist wie beim ÖAMTC. Wenn du mal dabei bist, dann bleibst du bis zum Totalschaden.
3. Dogmen sind wie Straßenlaternen. Sie versuchen den Weg zu beleuchten, aber nur Betrunkene halten sich daran fest.
4. Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, wo Ihr Briefträger aufs Klo geht? Sie werden Ihren Garten in einem ganz neuen Licht sehen.
5. Welche Schuhe trägt man als Religionslehrer? Jesus-Schlapfen? Mittlerweile gehen Waldviertler auch. Waldviertler sind die Springerstiefel der Gotteslobfraktion.

Robert Blöchl

Robert Blöchl ist mit seinem ersten Soloprogramm „Gute Gesellschaft“ auf Tour.

6. Blockflöte ist an sich schon eine Form von Fegefeuer. Aber wir mussten zwei Stunden lang pro Woche Blockflöte üben und beim Schulfest vor versammelter Schule plus Eltern auftreten. Eine musikalische Hinrichtung.
7. Die Tage der Karwoche: Rosenmontag, Faschingsdienstag, Aschermittwoch, Gründonnerstag, Karfreitag, Weltspartag, Ostersonntag. Da waren vier Fehler drin. Wer hat sie gefunden?
8. Für dein Gewicht bist du 70 Zentimeter zu klein.
9. Wir haben die Thujen ins Herz geschlossen. Irgendwie sind sie uns sogar wichtiger als die eigene Familie. Bei den Thujen schauen wir im Frühling nach, ob sie noch leben.
10. Es ist Weihnachten in Wien, ein paar Trottel suchen noch Geschenke. Und ich bin mittendrin, weil ich auch nicht fertig denke.

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Der Hymnen-Skandal und #metoo

Die Sängerin Tini Kainrath hat bereits vor 16 Jahren beim Fußball-Länderspiel Österreich gegen Kamerun im Ernst-Happel-Stadion die Österreichische Bundeshymne mit „großen Töchtern“ und „großen Söhnen“ gesungen. Unangekündigt. Daraufhin gingen zahlreiche Beschwerden beim ÖFB ein. Dieser entschuldigte sich bei den Fans und drohte der Sängerin mit rechtlichen Schritten. Inzwischen ist der Text der Bundeshymne offiziell geschlechtergerecht geändert. Dennoch, der Weg zur Gleichberechtigung ist ein langer. „Man muss es im Kontext der Geschichte sehen“, sagt Tini Kainrath anlässlich des internationalen Frauentages 2018.  „Das sind ja Babyschritte, die wir da machen. Man darf sich nicht zu viel erwarten. Wir müssen unsere Kinder anders erziehen und die müssen ihre Kinder anders erziehen. Es wird ja langsam.“

Zoe Straub

Zoe wird sehr beschützt, sagte sie gegenüber ORF „Wien heute“

#metoo-Warnung: „Da wacht man kurz auf“
Gerade im Film- und Musikbusiness zeigt sich sehr oft, wie ungleich Macht noch immer verteilt ist und wie damit umgegangen wird – Stichwort #metoo.  „Ich weiß auch schon sehr lange, worauf ich mich mit dieser Berufswahl eingelassen habe“, erzählt Sängerin und Schauspielerin Zoe bei einem Konzert von Radio Wien. „Das heißt natürlich nicht, dass ich sage: ja das gehört dazu. Das tut es nicht. Ich fahr die Krallen aus, wenn mir jemand zu … die Grenzen überschreitet. Liebes süßes Mädchen ist da nix in den Fällen. Furchtbar, dass es das gibt und wie vielen Frauen das widerfährt, alltäglich und nicht nur im Showbusiness, sondern in jedem Beruf. Da wacht man kurz auf.“

Sabine Stieger, die Österreich als Sängerin der Global Kryner 2005 beim Song Contest vertrat, warnt ebenso: „Wo ich in das Geschäft eingestiegen bin, war ich Anfang 20, unerfahren und wollte natürlich weiterkommen und Erfahrungen sammeln.  Und wenn ich nicht so ein harter Knochen wär, dann hätt ich das eine oder andere unmoralische Angebot, um eine schnellere Karriere haben zu können, schon annehmen können. Oder weiß der Kuckuck wohin es mich geführt hätte, wahrscheinlich eh nirgends hin. Also das gibt es. Mir ist es jetzt schon länger nicht passiert. Das kann damit zu tun haben, dass ich älter werde und keine leichte Beute mehr bin. Aber Sängerinnen, Musikerinnen, Frauen aufgepasst!“