Ukraine und Iran: Street-Art für die Freiheit

Neue Kunstwerke in Wien bilden das aktuelle Weltgeschehen ab: Der ukrainische Street-Art-Künstler Nikita Kravtsov etwa hat in der Pfeilgasse eine weinende Frau auf eine Hausmauer gemalt. Das riesige Wandbild über dem „Wiener Würstelstand“ erinnert an Gustav Klimts Frauenporträts und ist Teil des europaweiten Kunstprojekts „The Wall“. Ziel ist es, die Ukraine in Wien – wo es eine hohe russische Präsenz gibt – sichtbarer zu machen. Auch in Berlin, Genf, Marseille und Ankara sollen solche Murals entstehen.

„The Wall“ in Wien: Freiheit, Einheit und Hoffnung

Street-Art beschäftigt sich auch am Bauzaun des Wien Museums mit den Krisen unserer Zeit. Die Künstlerin Artminina aus Odessa setzt sich mit mit einem blau-gelben Paperflieger für Frieden in der Ukraine ein und Künstlerin Ahoo Maher thematisiert die Freiheitsproteste gegen das Regime im Iran.

Illustratorin Artminina hofft auf Frieden in der Ukraine
Abgeschnittene Haare: Ahoo Maher macht die Freiheitsproteste der Frauen im Iran sichtbarer

Calle Libre: Street-Art auf 400-Meter-Halle

Noch bis Sonntag läuft das Wiener Street-Art-Festival Calle Libre: Mehr als 30 internationale Künstlerinnen und Künstler verwandeln dabei am ehemaligen Nordwestbahnhof eine Lagerhalle in ein Kunstwerk – auf einer Länge von 400 Metern! Daneben gibts Skultpuren, Workshops, Gastronomie und DJ-Musik. „Das Calle Libre findet heuer unter dem Motto Regeneration statt. Es geht um Erholung und um das Wiederaufatmen nach einer schwierigen Zeit“, erklärt Festivaldirektor Jakob Kattner. Auch Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden mit Pinsel und Spraxdose thematisiert. Ein Wermutstropfen: Die bunte Lagerhalle soll 2023 abgerissen werden. Es werden neue Wohnungen gebaut.

Jay Coleman (US) malt ein Mädchen mit Seifenblasen-Erde
Axel Schindler aus Wien: „Wir sitzen alle im selben Boot“
Street-Artist Bordalo II gestaltete ein Kunstwerk aus Müll

Doku über Wiens Street-Art-Szene

Wer sind die Menschen, die die Stadt bunter machen, uns mit ihrer Kunst überraschen, provozieren und staunen lassen? Eine neue ORF-Dokumentation über Street-Art in Wien begleitet einige Künstlerinnen und Künstlern beim Sprayen, Malen und Kleben im öffentlichen Raum. Zu sehen ist etwa der international erfolgreiche Sprayer Nychos, wie er eine riesige Hausfassade in Favoriten besprüht, die Papierkünstlerin Lym Moreno, wie sie ihre bunten Plakate heimlich in Wien anbringt, oder auch Deadbeat Hero, wie er einen alten Lastwagen auf einem Firmengelände verschönert. Ob kleine Interventionen in den Straßen, flüchtige Kunstwerke am Donaukanal oder aufsehenerregende Murals (Wandbilder) auf Wohnhäusern: Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, wird sie an jeder Ecke sehen: Street-Art in Wien.

https://tvthek.orf.at/profile/Erlebnis-Oesterreich/1200/Erlebnis-Oesterreich-Street-Art/14120696/Erlebnis-Oesterreich-Street-Art/15080860

„Wer hat an der Uhr gedreht?“ Marcin Glod in der Westbahnstraße

Mit Spraydose im Stephansdom

Popart-Künstler und Sprayer Marcin Glod hat am Wochenende am Dachboden des Stephandoms zu einer Party geladen – mit Live-DJ, Kebabstand, Roulettetisch und Champagner. Den Segen zur exklusiven Vernissage gab Dompfarrer Toni Faber, der selbst mit seinen Firmlingen jedes Jahr zur Spraydose greift: „Street-Art ist mir nicht fremd und sollte auch der Kirche nicht fremd sein.“ Marcin Glod arbeitet in seinem künstlerischen Schaffen mit verschiedensten Maltechniken. Die Spraydose dient ihm vor allem, um „urbane Elemente“ einzubinden. So ist in seinen Collagen neben Motiven wie Pink Panther, Mickey Mouse und Marilyn Monroe stets Gesprühtes zu finden. Prominenter Gast der Vernissage war – neben Kunstsammlern, Unternehmern und Models – Alf Poier. Der Kabarettist und Maler gab dem jungen Künstlerkollegen den Tipp: „Wenn er zwei, drei Bilder schreddert, könnte er gefühlt 15 Millionen Euro mehr verlangen. Das hab ich mir von Banksy abgeschaut.“ Hier ein ORF-Beitrag zur Show im Stephansdom.

Street-Art, Graffiti, Malerei und Collagen – Glod setzt auf verschiedene Kunsttechniken

Street-Art in Bewegung

Auf ihren U-Bahnen sehen die Wiener Linien Graffiti und Co. nicht so gern – und sei sie noch so schön gesprayt. Bei grauen Betonwänden ist das mitunter anders. Darum hat das Verkehrsunternehmen den Street-Art-Künstler David Leitner beauftragt, bei der U-Bahn-Station Spittelau eine 150 Meter lange Betonwand zum Thema Mobilität zu gestalten. „Wichtig war mir, dass es sich um ein inklusives Bild handelt. Daher sind Personen von jung bis alt dargestellt. Man sieht auch einen Mann oder eine Frau mit Stöckelschuhen“, erzählt Leitner. Auch die Natur spielt in dem riesigen Street-Art-Werk eine Rolle. Und, weil die farbenfrohe Wand neben der Müllverbrennungsanlage steht, sind auch Anspielungen auf Hundertwasser im Kunstwerk versteckt. Sehenswert!

Die Farbwelt „orientiert sich an den Farben der Wiener Linien sowie der Natur.“
David Leitner zeigt Mobilität in allen möglichen Variationen
„Mann oder Frau mit Stöckelschuhen.“

Street-Art zum Anziehen

Es ist ein unaufhaltbarer Trend: Street-Art ist längst nicht mehr nur auf Straßen und Hausmauern zu sehen, sondern auch auf Produkten in Handel und Gastronomie. In Wien etwa sprayt Deadbeat Hero zwar weiterhin am Donaukanal, verkauft seine Robotermotive aber auch auf T-Shirts, Pullovers, Pins und Masken. Street-Art-Künstlerin und Designerin Linda Steiner hat gerade ein Einkaufssackerl für Hofer entworfen – und Street-Artist und Illustrator Boicut ein 1.000-Teile-Puzzle für Kunstfans. Außerdem werten seine farbenfrohen Etiketten Millionen an Mineralwasser-Flaschen auf. An Street-Art kommt man künftig wohl nicht mehr vorbei 🙂 Mehr…

Ein Motiv von Deadbeat Hero – oben am Donaukanal, unten auf einem Pullover im eigenen Shop

Die Schlange auf der Stiege

Kunst verbindet! Zumindest im Fall der gelb-schwarzen Schlange neben der Himmelpfortstiege in Wien-Alsergrund. Die Zeichnung bringt etwas Farbe in diese graue Gegend. Der Standort passt gut. Denn auch die Himmelpfortstiege hat etwas Verbindendes: Sie führt die Nußdorfer Straße mit der Liechtensteinstraße zusammen.

Graffiti Vienna

Kunst und Stiegen verbinden 🙂

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.