Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben

Frauen über 40 sind „esoterisch verwundbar“, sagt Pepi Hopf. Sie kaufen plötzlich aus Alufolie gebastelte Spiralen, um böse Handystrahlen abzufangen. Aber auch Männer sind Hosenscheißer – etwa, wenn sie auf fremde Klos gehen müssen. Oder sie haben Angst vor langen Wörtern. Das nennt man Hippopotomonstrosesquippedaliophobie. „Wer das Wort aussprechen kann, ist auch schon geheilt“, meint Hopf.

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Pepi Hopf kochte für seine Gäste im Kabarett Niedermair Krautsuppe. Für die „Angstfreien“ gab es Ei-Aufstrich-Brote.

Der 46-jährige Kabarettist nimmt sich in seinem neuen Programm „Der Seelentröster“ dem allgegenwärtigen Thema „Angst“ an. Er sitzt dabei auf einem Barhocker und erzählt scheinbar locker lässig Anekdoten aus seinem Leben, von seiner Familie, aus seinem Heimatdorf. Doch das Programm ist gut durchdacht und behandelt eigentlich das Leben –  und wie man es meistern kann. Denn „Zu Tode gfurchten is a gstorben.“ Im Kabarett zu sitzen ist übrigens ungefährlich. Laut Google-Suche ist noch kaum jemand vor Lachen gestorben. Beim Premieren-Publikum von Pepi Hopf war es aber knapp.

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

„Kommt jetzt der Weltkrieg?“

…lautet die Schlagzeile der Gratiszeitung. Und was sagt die Friseurin zur lesenden Kundin? „Das muss man erst einwirken lassen.“ Hosea Ratschiller und das Duo RaDeschnig haben für ihre musikalisch-szenische Lesung „Der allerletzte Tag der Menschheit (Jetzt ist wirklich Schluss!)“ gerade den Österreichischen Kabarettprogrammpreis gewonnen. Völlig zurecht. Denn Ratschiller ist ein hervorragender Erzähler, der gekonnt in mehr als vierzig Rollen schlüpft. Birgit und Nicole Radeschnig liefern den passenden Soundtrack dazu – unter anderem mit Klavier und Klarinette. Und dann kommt noch der Text: Karl Kraus in der Jetztzeit. Viele kurze, böse Szenen, die immer mehr miteinander verschmelzen. Tipp: Das Stück live ansehen, notfalls den CD-Mitschnitt kaufen. Es lohnt sich! (YouTube-Trailer)

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Damit auch der „Slow Joe in the last row“ versteht, worum es eigentlich geht.

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Neulingsnagel für Franziska Singer

„Der Friseur wäscht mir die Haare, die Zeitschrift mein Gehirn“- mit Gedanken wie diesen und einer sympathisch-professionellen Bühnenshow hat Jungkabarettistin Franziska Singer den Goldenen Neulingsnagel 2016 gewonnen. Die 30-jährige Schauspielerin, die „nicht an Befindlichkeiten glaubt“ und in ihrem Alter für Männer eine „Babytretmine“ darstellt, konnte sich gegen starke Konkurrenz – bestehend aus Christoph Fritz, Isabel Meili und Markus Bittner – beim Kabarettwettbewerb im Theater am Alsergrund durchsetzen. Die Begründung der Jury: „Franziska Singer erzeugt die richtigen Bilder im Kopf.“ Ihre Darbietung war „zu Ende gedacht“. Zu sehen ist die Preisträgerin regelmäßig im Schubert Theater – und bestimmt auch bald im Kabarett.

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Franziska Singer und Jury-Mitglied Pepi Hopf

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

BlöZingers Spiel mit dem Tod

Es ist die Geschichte von Franz, der im Altersheim auf seinen Tod wartet. Der besucht ihn immer wieder, nimmt ihn aber nicht mit. Er spielt lieber Karten und Schach mit dem 82-jährigen pensionierten Lehrer. So der Inhalt von BlöZingers neuem Stück „bis morgen“. Die beiden Kabarettisten Robert Blöchl und Roland Penzinger erzählen diese Geschichte mit lediglich drei Stühlen auf der Bühne. Und dennoch wird das Publikum in den Wilden Westen entführt, geht Fallschirmspringen oder erlebt ein Rollator-Rennen. Kopfkino vom Feinsten – mit perfektionierter Pantomime, pointenreichen Dialogen („Oben fit und unten dicht, mehr wünscht man sich im Alter nicht.“) und Keyboard-Musik, die mitunter an Josef Hader erinnert. Fazit: Ein fantasiereiches Erlebnis!

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Roland Penzinger und Robert Blöchl

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Schreiner? Ja oder nein?

„Was Wäre Wenn“ heißt das neue Kabarettprogramm von Clemens Maria Schreiner. Pinkes oder Pfau-Hemd? Das Publikum muss entscheiden – und dann mit den Folgen leben. Fest steht, dass es eine gute Entscheidung ist, dieses Programm live zu erleben! Tipp: Ausschnitte gibt es bei der Ennser Kleinkunstkartoffel 2016 zu sehen.

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Clemens Maria Schreiner erzählt eine scheinbar improvisierte, politisch-intelligente „Liebesgeschichte“

Buchtipp: „Pater Martin 2“ von Florian Kobler – rund 80 neue Anekdoten und Abenteuer des beliebten Franziskanermönchs. Mit humorvollen Comics von Georg Atteneder.

Asylpolitik zum Lachen

Wem der Villacher Fasching gefällt, der wird auch mit der neuen Revue „Bitte alles aussteigen!“ im Kabarett Simpl seine Freude haben. Wobei der Vergleich vielleicht unfair ist, denn die Qualität der Gesangseinlagen und Sketches ist – dank des hervorragenden Ensembles – im Simpl deutlich höher. Positiv überrascht hat die Aktualität der Nummern: Griechenland-Krise, Wien-Wahl und Asyldebatte werden thematisiert – und das ziemlich deutlich. Wenn der Bürgermeister aus Niederösterreich mit der Innenministerin am Telefon über mögliche Asylquartiere verhandelt, bleibt einem das Lachen fast im Hals stecken. Fazit: Zwischen seichter Unterhaltung versteckt sich aktuelle, hochpolitische und bissige Satire. Mehr kann man vom Simpl nicht verlangen!

Applaus für das Kabarett-Simpl-Revue-Ensemble

Großer Applaus für das Kabarett-Simpl-Revue-Ensemble

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Lieder über Kühe und Holzhacker

Nicht selten erscheint zu einer Castingshow eine dazugehörige CD. So auch bei „Auftrieb“, jener Show, die Rudi Schöller derzeit auf Österreichs Kleinkunstbühnen präsentiert. Dabei verkörpert Schöller Kandidaten, die erklären, dass Curt Cobain für Niavarani spielte. Oder, dass nicht nur Shades of Grey ein fesselndes Buch ist, sondern etwa auch der Jahresbericht von Amnesty International. Zusätzlich wird gezaubert, in Alf-Poier-Manier schräge Kunst gezeigt – und gesungen. Letzteres kann Schöller am besten. Seine intelligent-witzigen Lieder – wie „Holz hacken“ oder „Muh“ – sind nun auf einem Doppelalbum erschienen. Gestern Abend wurde die CD im Kabarett Niedermair präsentiert, ab Oktober ist sie im Handel erhältlich.

Rudi Schöller

Rudi Schöllers Castingshow „Auftrieb“ im Kabarett Niedermair

Rudi Schöller bei der CD-Präsentation

Rudi Schöller bei der CD-Präsentation am 21. September 2015

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Österreichs Antwort auf die ZDF heute show

Es heißt ja immer, dass Nachrichten unterhaltsamer werden müssen, damit auch junge Menschen sie konsumieren. Klaus Eckel nimmt sich das zu Herzen und präsentiert in seiner Sendung „Eckel mit Kanten“ satirische Nachrichtenberichte, humorvolle Studiogäste und Kabarettisten aus Österreich und Deutschland. Und damit auch wirklich nichts schiefgeht, hat er sich Profis vom Fach ins Boot geholt – nämlich „Die Tagespresse„-Schreiber Fritz Jergitsch und Jürgen Marschall! Fazit: 35 Minuten satirisches Infotainment – und das an noch sechs Dienstagen! Unbedingt einschalten!

Nachrichten aus dem Casanova Wien

Nachrichten aus dem Casanova Wien. Studiokarten gibts ab fünf Euro.

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Vorlesung im Kabarett

Seid ihr alle da? – Über diese unsinnige Kasperlfrage ärgert sich Gunkl in seinem Kabarettprogramm „So Sachen“. Vor allem stört es ihn, dass die Masse ohne Nachzudenken mit „Jaaaaaa“ antwortet. Dass „Ja-Sager“ zu problematischen Entwicklungen führen, zeigt ein Blick auf die Geschichte.

Gunkls Bühnenshow: Stehen. Reden. Verbeugen.

Gunkls Bühnenshow: Stehen. Reden. Verbeugen.

Fazit: Ein Kabarett von Gunkl ist wie eine selten gute Vorlesung auf der Universität. Man wird niveauvoll mit Wortspielen und interessanten Gedanken unterhalten und verlässt zwei Stunden später den Saal als ein Mensch, der Lust hat, allgemein propagierte Ansichten mehr zu hinterfragen. Hoffentlich.

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Vom Schas zur Ukrainekrise

Um das Publikum in Stimmung für ernste Themen zu bringen, startet Lukas Resetarits sein aktuelles Programm „Schmäh“ mit „Schas“-Witzen. Im Besonderen wird der berühmte „Aufzug-Schas“ sowie die damit verbundenen Unanehmlichkeiten und Ablenkungstaktiken behandelt. Sind die Lacher auf seiner Seite, kann der 67-jährige Kabarettist das tun, was er möchte: Über „die Märkte“ sprechen, über das Alter, über das sinnlose Kaufen-Kaufen-Kaufen, über Putin und die Ukrainekrise, über die NSA und Millionärssteuer-Debatte. Fazit: Resetarits ist ein so wunderbarer Erzähler, dass er es schafft, zwei Stunden lang durchzureden und trotz ernster Themen zu unterhalten.

Lukas Resetarits am 21. Mai 2015 im Wiener Stadtsaal

Lukas Resetarits am 21. Mai 2015 im Wiener Stadtsaal

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.