Wenn man in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums gemütlich am Boden, am Klappsessel oder auf der Couch sitzt und Musikern wie Schauspielern gebannt zuhört, wie sie Kunstwerke von Rubens, Caravaggio und Co. mit neuen Texten und Musik zum Leben erwecken… Das ist Ganymed! Dieses Jahr drehte sich alles um die Liebe.
Überraschend, beeindruckend, verstörend – die Highlights von Ganymed in Love:

Wenn Mira Lu Kovacs ihre großartige Stimme beim schaurigen Lied von Henry Purcell erhebt, kriecht das Haupt der Medusa quasi aus Rubens‘ Gemälde.

Das kleine Mädchen im Pyjama mit dem Teddy in der Hand erwischt seinen Vater mit heruntergelassener Hose vor dem Bildschirm mit eindeutigem Inhalt. Da bleibt einem kurz die Spucke weg. Salome mit dem Haupt Johannes des Täufers ist ab jetzt wohl für immer die kleine Billie.

„Adam und Eva“ spielen ein geniales vierhändiges Klavierstück vor Hans Memlings gleichnamigem Bild.

Jean Philippe Toussaint fragt sich, was in Caravaggios Rosenkranzmadonna die vielen Hände sagen wollen. Vielleicht könnte jemand, der mit Gebärdensprache vertraut ist, das entziffern? Und so wird sein Text „Die Hände“ von vier Personen mit aufgeregten Gebärden unterstützt – Action pur.

Die Hl. Margarete von Raffael hat Martin Eberle zum torch song inspiriert. Klemens Lendl von den Strottern spielt die Geige und lässt sich bei der schrägen Nummer von Manaho Shimokawa mit Ausdruckstanz und langen Haaren einhüllen.

Auf Klarinetten-Seufzer und Kontrabass-Gekrächze folgt beim Stück „A Place in the Heart“ imitiertes Babygeheul und orientalische Musik. Da tut man sich schwer, die Verbindung zu Bruegels Bauernhochzeit herzustellen.

Rania Ali fragt vor Tizians Kirschenmadonna Leute aus dem Publikum direkt: „Do you know what love is?“, „Mothers love is always stronger, right?“, „Do you love yourself?“. Über eine der Erdbeeren – ein Symbol der Liebe – darf sich am Ende der Performance eine Dame aus dem Publikum freuen.

Schauspieler Peter Wolf erzählt im roten Jogger, was sich der Wiener Philosoph Franz Schuh zum Gleichnis vom verlorenen Sohn überlegt hat. Wie soll ein Vater zum Sohn sein? Gütig, streng, züchtigen? „Aus menschlicher Sicht müssen auch für den Großen Gott die Möglichkeiten, seine Kinder falsch zu erziehen, unendlich sein. Der Sohn Gottes ist für uns am Kreuz gestorben – das ist keine Kleinigkeit und es ist keine Kleinigkeit, einen solchen Tod für das Richtige zu halten.“

Nach Ganymed lässt es sich ganz anders über die Gemälde der großen Meister diskutieren!