Eckel in intimer Gesellschaft

Wenn große Kabarettisten in kleinen Theatern auftreten, ist die Stimmung einzigartig. So auch gestern, als Klaus Eckel im Theater am Alsergrund sein Programm „Weltwundern“ zum Besten gab. Im Publikum saßen auffällige Deutsche, besserwissende Lehrer und eine Seniorenrunde, die sich als „Gruppe Intim“ vorstellte. Gut möglich, dass man in so einer Situation als Kabarettist die Bühne sofort wieder verlassen möchte – oder sich wünscht, wieder in großen Häusern zu spielen, wo mehr Abstand zum Publikum besteht. Aber Eckel blieb und baute die auffälligen Gestalten immer wieder gekonnt in seine Show ein. Fazit: Klaus Eckel ist ein Kabarett-Knüller. Er liefert Wortwitze, skurrile Gedanken und (spontane) Pointen im Sekundentakt, breitentauglich und doch hintergründig.

Klaus Eckel füllt die deutschsprachigen Kleinkunstbühnen - völlig zurecht!

Klaus Eckel füllt die deutschsprachigen Kleinkunstbühnen – völlig zu Recht!

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Angst um Otto Schenk

Das Theater in der Josefstadt zeigt derzeit das Stück Liebelei von Arthur Schnitzler. Das etwas ältere und stets hustende Publikum bekommt von Alexandra Liedtke eine minimalistische und großartig besetzte Inszenierung geboten. Florian Teichtmeister spielt Fritz, der im Duell getötet wird. Alma Hasun verkörpert seine (naive) Geliebte, Otto Schenk ihren gütigen Vater. Fazit: Keine Frage, Schenk ist großartig, doch hat man stets Angst, dass der 84-Jährige gleich von der Bühne kippt und nicht mehr aufsteht. Das Stück selbst wird spannend-gefühlvoll erzählt und hätte sich jüngeres Publikum verdient.

...aber wegen Otto Schenk in die Josefstadt

…aber wegen Otto Schenk in die Josefstadt

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Revolution im Burgtheater

[von Bernhard Kobler] Die Revolution frisst ihre Kinder – wir schreiben das Jahr 1794 in Paris, die Französische Revolution ist im vollen Gange, täglich grüßt die Guillotine und verschiedene Interessensgruppen versuchen die Macht an sich zu reißen. Recht düster in der Stimmung beginnt die neue Inszenierung von Georg Büchners Drama ‚Dantons Tod‘ aus dem Jahr 1835 – ab heute (Freitag) zu sehen im Burgtheater.

Ebendieser Georges Danton, beschmiert sich seinen Körper mit fahlgrauer Paste, was ihn zugleich unmenschlich wirken lässt und schon beginnt ein Abend voller Ernst, Philosophie und Politik. Ein Machtkampf, entbrannt zwischen Danton und seinem Kontrahenten Robespierre – wer vorerst gewinnt, verrät der Titel. Wenn man sich ansonsten aber nicht besser über die Hintergründe der geschichtlichen Hauptpersonen und der Zeit der Revolution informiert hat, dann wird es ein anstrengender Theaterabend, denn erklärt wird wenig, obwohl viel Großes gesprochen wird.

burgtheater

Das Stück lebt von seinen Monologen, was die Handlung sehr sprunghaft erscheinen lässt und der Überblick deshalb auch schnell verloren geht. Das macht aber wenig, denn ebendiese Reden der Protagonisten, und noch viel mehr die der fantastisch besetzten Nebenrollen, sind es wert, gehört zu werden. So überzeugen vor allem Michael Maertens als Robespierre und Jasna Fritzi Bauer mit kurzen, aber aussagekräftigen Auftritten. Fabian Krüger, omnipräsent auf der Bühne, beeindruckt mit subtiler Gestik und Ignaz Kirchner brilliert als Richter über Danton. Ich muss das deshalb so betonen, weil es einfach unglaublich ist, wie genial man im Burgtheater Nebenrollen besetzen kann!

Die Hauptattraktion ist allerdings das fantastische Bühnenbild. Mir tun die Bühnenbildner leid, die diese Unordnung Tag für Tag auf- und abbauen müssen, denn es herrscht das Chaos! Kleidung, Gerüste, Türme, Filmkameras, die live auf der Bühne Robespierres Reden einfangen und auf große Leinwände übertragen, während Joachim Meyerhoff als Danton um die Drehbühne wie ein gejagter Irrer seine Runden dreht.

Sie sind verwirrt? Ich war es zugegebenermaßen auch. Irgendwie ging mir alles zu schnell und zu langsam zugleich. Inhaltlich musste ich bereits nach 30 Minuten aussteigen, trotzdem beeindruckten, wie bereits erwähnt, die außergewöhnlichen Nebendarsteller und vor allem die Inszenierung überraschte immer wieder: So machte Richter Ignaz Kirchner den gesamten, kurzzeitig hell beleuchteten Publikumsraum zum Gerichtssaal, gegen Schluss rannte sogar ein ca. 30-köpfiger Kinderchor auf die Bühne, warum genau, weiß wohl nur Regisseur Jan Bosse.

Fazit:  Alles in allem war es ein beeindruckender, aber anstrengender Theaterabend, der sehr zu unterhalten wusste, aber wohl ohne gewisser Vorbildung inhaltlich nicht vollständig erfasst werden kann. Eine Pause hätte dem Ganzen sicher gut getan, so habe ich mich leider oft dabei erwischt, nicht dem Text zu folgen, aber stattdessen immer neue kleine Details im Bühnenbild zu entdecken und mir Dantons Tod ein kleines bisschen schneller herbeizusehnen.

Buchtipp: „BlöZinger – Und davon kann man leben?“ von Florian Kobler – ein humorvolles Taschenbuch über das schrägste Clown- und Kabarettduo Österreichs.

Paul Gilberts singende Gitarre

Zu den langweiligsten Momenten auf Konzerten gehören oft die übertrieben langen und unspektakulären Gitarrensolos. Es gibt aber auch Ausnahmemusiker wie Paul Gilbert, die ein ganzes Album mit virtuosen Gitarrensound füllen können. Das Album „Stone Pushing Uphill Man“  erscheint Mitte August. Darauf lässt Gilbert, auch bekannt als Gitarrist von Mr. Big, bekannte Nummern wie „Goodbye Yellow Brick Road“ (Elton John), „Why Don’t We Do It In The Road“ (The Beatles) oder „Murder by Numbers“ (The Police) von seiner Gitarre instrumental nachsingen. Fazit: CD einlegen, Lautstärke-Regler rauf!

Gilbert rollt seinen Stein (die Musik) gerne immer wieder bis an die Spitze.

Paul Gilbert rollt seinen Stein (seine Musik) gerne immer wieder von Neuem bis an die Spitze.

Buchtipp: Pater Martin: Helfen. Lachen. Freude machen – Lustige und spannende Kurzgeschichten über die Abenteuer eines Franziskaners.

Das Ende der Bequemlichkeit

„Warum tut er sich das an“, fragte sich heute so mancher Gast in einer Wiener Buchhandlung. Hannes Androsch stellte dort sein neuestes Buch „Das Ende der Bequemlichkeit. 7 Thesen zur Zukunft Österreichs“ vor. Nach dem Bildungsvolksbegehren vor drei Jahren ist es sein nächster Versuch das Land zu verändern. Man kann zu Androsch stehen wie man will, aber man muss dankbar sein, wenn ein 76-Jähriger heutzutage noch an die nächste Generation denkt.

Voller Saal bei der Androsch-Lesung!

Voller Saal bei der Androsch-Lesung!

Buchtipp: Pater Martin: Helfen. Lachen. Freude machen – Lustige und spannende Kurzgeschichten über die Abenteuer eines Franziskaners.

Ö3-Comedy als Liveshow

Gernot Kulis ist ein sympathischer Comedian – ja, auch so etwas gibt es. Sein Programm „Kulisionen“ ist aber nur bedingt empfehlenswert. Wer auf nacherzählte Telefonscherze des Callboys („Der Bademeister ist doof“), Hans-Krankl-Imitationen („Huach zua“) oder auf eine Professor Kaiser-Prüfung („Was heißt I don‘t know auf Deutsch?“ „Ich weiß es nicht.“ „Das ist aber schlecht…“) steht, wird auf seine Kosten kommen. Fazit: Für wahre Fans des Ö3-Komikers ein amüsanter Abend. Für alle anderen genügt YouTube.

TV-Aufzeichnung im Gasometer

DVD-Aufzeichnung im Gasometer Wien

Buchtipp: Pater Martin: Helfen. Lachen. Freude machen – Lustige und spannende Kurzgeschichten über die Abenteuer eines Franziskaners.

Großes Kino im Kasino

Wer die Möglichkeit hat, sollte schnell zur Burgtheater-Kassa laufen und sich Karten für „Wunschloses Unglück“ von Peter Handke kaufen. Das Publikum im Kasino am Schwarzenbergplatz sitzt vor einer Leinwand und sieht einen Film über eine Frau, die einen minutiös geplanten Selbstmord begeht. Besonders an diesem Film (Regie: Katie Mitchell) ist, dass er unter und hinter der Leinwand live entsteht. Das Publikum kann sich also aussuchen, ob es sich ein Theaterstück, einen Film oder die Entstehung eines Films ansehen möchte. Fazit: Selten erlebt man abseits der Wiener Festwochen so einen faszinierenden Theaterabend. Großartig! Wunschlos glücklich!

Bei "Wunschloses Unglück" wird kein Theaterstück abgefilmt, sondern ein Live-Film gedreht.

Im Kasino wird kein Theaterstück abgefilmt, sondern ein professioneller Live-Film gedreht.

Buchtipp: Pater Martin: Helfen. Lachen. Freude machen – Lustige und spannende Kurzgeschichten über die Abenteuer eines Franziskaners.

Ein Musical über die Moral

Liebe endet nie“ singen Pia Douwes und Uwe Kröger im neuen Musical „Der Besuch der alten Dame“. Das Lied ist der einzige Ohrwurm. Ansonsten kann das Musical eher mit einem gewaltigen Bühnenbild punkten, etwa, wenn ein ÖBB-Zug auf die Bühne fährt. Auch der Inhalt des Dürrenmatt-Klassikers hat es in sich! Moral, Geld, Tod. Fazit: Trotz mancher Längen und dem Versuch, durch Lautstärke von musikalischen Schwächen abzulenken, ist der Besuch der alten Dame ein Besuch im Wiener Ronacher wert.

besuch

Buchtipp: Pater Martin: Helfen. Lachen. Freude machen – Lustige und spannende Kurzgeschichten über die Abenteuer eines Franziskaners.

Böse Satire über die Glücksindustrie

Musikalisches Kabarett aus Kärnten. Klingt schrecklich? Nicht unbedingt. Denn Birgit und Nicole Radeschnig haben sich einen eigenen Stil erarbeitet, der nicht weiter weg von Villacher Fasching und Co sein könnte. Gestern feierten die beiden Zwillingsschwestern aus Kärnten mit ihrem neuen Programm „Experimensch“ Premiere im Theater am Alsergrund. Darin geben sie als „lebendiges Lifestylemagazin“ absurd-komische Ratschläge, wie man ein glückliches und gesundes Leben führt. Ihr Stück lässt sich wie eine Zeitungssatire konsumieren. Es fordert höchste Konzentration, belohnt einem aber mit jeder Menge bitterböser, schräger, erstaunlicher, komischer Pointen – die größten Eindruck hinterlassen. Empfehlung!

Umjubelte Premiere im Theater am Alsergrund

„Glücksbringer“ Nicole & Birgit Radeschnig bei ihrer umjubelten Premiere

Buchtipp: Pater Martin: Helfen. Lachen. Freude machen – Lustige und spannende Kurzgeschichten über die Abenteuer eines Franziskaners.

Gitarrist auf Gedankenreise

„Fernweh EP“ heißt die neue CD von Sologitarrist Simon Wahl. Sie enthält sechs bisher unveröffentlichte Instrumentalnummern, die an Lieder von Paco de Lucia vom „Vicky Cristina Barcelona“-Soundtrack erinnern und einem gedanklich sofort in den Süden entführen. Gestartet wird mit dem titelgebenden Song „Fernweh“, bei dem die Gitarre mehr getrommelt als gezupft wird. Das Lied wird seinen Namen gerecht, erinnert an vorbeiziehende Landschaften und hat er einen wunderschönen Refrain. Der darauf folgende, groovige Song „East“ animiert zum Mitklopfen und Mitwippen. Anspieltipp!

Bass Slapping, Percussion, Fingerpicking und Melodiespiel

Simon Wahl bietet mit „Fernweh EP“ eine Mischung aus Akustik-Gitarrenspiel, Bass Slapping und Fingerpicking.

Das nächste Akustiklied ist eher ruhig, nachdenklich und traurig. Warum es „You Shine“ heißt, ist rätselhaft. „Sangria“ erinnert an spanische Tänze und erzeugt sofort Urlaubsatmosphäre. „I can’t stop“ schließt darauf wunderbar an und enthält virtuose Fingertrommel-Einlagen. Mit „Melancholy“ findet die CD seinen ruhigen Abschluss. Fazit: Etwas über 20 Minuten abwechslungsreicher und leidenschaftlicher Musikgenuss von einem talentierten Gitarristen, der sein Handwerk versteht. Eine ideale CD für ein Gläschen Wein an einem Sommerabend auf Balkonien zum An- und Wiederanhören.