Chrissi Buchmasser nimmt Fahrt auf

Achtung – der Autor dieser Zeilen ist erst nach 20 Minuten zugestiegen. Da hatte Chrissi Buchmassers neues Programm „Zugzwang“ im Kabarett Niedermair längst Fahrt aufgenommen…. Ja, es geht ein bisschen ums Zugfahren und um Wortspiele. Durchsage: „Bitte lassen Sie ihr emotionales Gepäck nicht unbeaufsichtigt.“ In Wahrheit geht es um viel mehr – um Zeit, um Geschwindigkeit, die uns verrückt macht („Delirium Furiosum!“), um eine Generation, „die Mitte 30 nicht weiß, ob sie Kinder haben will oder nicht – auch wenn sie schon da sind“ und um einen Fahrplan fürs Leben.

Aufbauend auf ihrem Debüt „Braves Kind“ erzählt Chrissi Buchmasser von ihrem Mama-Alltag als Kabarettistin – und versucht dabei allen zu gefallen. Mit Witzen fürs Feuilleton und Fauteuil! („Schreibweise gegoogelt!“). Soll sie mit ihrer Familie umziehen? „Die Kinder haben halt am Land schon mehr Platz – zum Handyspielen.“ Wie Geld sparen? „Meine Altersvorsorge geht für Heidelbeeren drauf.“ Zwischendurch verpasst sie Hits von Billie Eilish bis Lady Gaga neue Texte – und singt grantig über den „Schambereich Frauenkörper“, der rasiert, verschönert und bedeckt werden soll. Fazit: Wenn einer mit Chrissi Buchmasser eine Reise tut, so kann er was erzählen! Kabarett erster Klasse! Sitzplatz-Reservierung empfohlen!

Chrissi Buchmasser mit „Millenial Tuck“ im Kabarett Niedermair bei der Wien-Premiere von „Zugzwang“ (Regie: Magda Leeb)

Buchtipp: Inge – Bomben, Schmuck und StrümpfeInge erlebt den Zweiten Weltkrieg in Gablonz – als junge Österreicherin zwischen Sudetendeutschen und Nazis, Tschechen und Russen. Damit ihre Familie flüchten kann, geht sie jedes Risiko ein. Blick ins Buch.

Mariannengraben – eine österreichische Tragikomödie

„Die einzige Solidarität am Land ist die Lichthupe, um vor der Polizei zu warnen. Und Schaufeln nach dem Hochwasser.“ In ihrem zweiten Programm „Mariannengraben“ spielt Maria Muhar eine Wiener Kabarettistin, die nach einem Auftritt auf einer Tankstelle am Land festsitzt. Dabei konfrontiert sie ihr Publikum mit unangenehmen Wahrheiten – über das Frühstücksbuffet in Hotels („random as fuck“), aber auch über das „erfundene Freiheitsgefühl von Autofahrern“, das über Menschenleben gestellt wird. Dem Tankstellen-Trangler empfiehlt sie: „Geh in Therapie!“ – „Wieso? Für mich passts!“ Und sie arbeitet sich durch Tinder durch: „Mann mit Katze, Mann mit Lenker, Mann in Boulderwand…“. Fazit: Maria Muhar ist kompromisslos und lustig. Mit „Mariannengraben“ ist ihr eine neue österreichische Tragikomödie gelungen. Bitte sofort verfilmen!

Maria Muhar in „Mariannengraben“ – Premiere im Kabarett Niedermair

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Frische Luft von Hosea Ratschiller

Hosea Ratschiller reift wie ein Leberkäse im Brutkasten. Er ist jetzt 43 Jahre – „ein Alter, in dem Erinnerung schon zur Leistung wird“. Wo steht er? Wer ist er? Das Maturatreffen bringt ihn – im neuen Kabarettprogramm „Happy Place“ – zum Nachdenken.

Er kommt zur Erkenntnis, dass es in seinem Leben wie beim Wandern ist. Mittelmaß oder auch die Mittelstation reichen. „Bis ganz nach oben ist es zu weit.“ Ob er gut genug für seine Frau ist? „Statistisch gesehen ist der gefährlichste Mensch für jede Frau – ihr Mann.“ Außerdem sei er ein Trottel. „Das weiß ich, seitdem ich Bücher lese.“ Seine drei Kinder fordern ihn. Etwa, wenn sie ihn um 5.30 Uhr flüsternd-schreiend mit den Worten wecken: „Papa, wo ist der Uhu?“ Die neue Epoche, in der Nettsein zur Rebellion wird, macht ihm Sorgen. Aber er hat bei seiner Arbeit beim Radio auch gelernt, Ereignisse zu überschätzen.

Fazit: Hosea Ratschiller – das Schaumsupperl unter den Kabarettisten – ist ein sympathisches Schlitzohr mit einer Fülle an schlauen Gedanken. Er erzählt keinen Schaß, sondern frische Luft! Kabaretthäuser sind ein „Happy Place“ – wenn Hosea auf der Bühne steht!

Premiere von „Happy Place“ von Hosea Ratschiller im Wiener Stadtsaal. Regie: Petra Dobetsberger

Niavarani spielt wieder Solokabarett

Das „Theater im Park“ startet in die sechste Saison – unter anderem mit dem neuen Kabarettprogramm von Michael Niavarani. In „Homo Idioticus 2.0: Der Trottel ist zurück“ geht es um die Frage, „warum der Mensch so blöde Dinge macht, die wir gerade machen“.

Cornelia Horak, Sigrid Hauser, Georg Hoanzl, Wiener Blond, Anna Mabo, Michael Niavarani

Tipp: Inge – Bomben, Schmuck und Strümpfe – eine Familiengeschichte zwischen dem Sudetenland und Österreich. Blick ins Buch.

Elli Bauers Angst-Seminar

Wer sich Karten für Elli Bauers neues Kabarett „fAngst?“ kauft, bucht eigentlich ein Seminar. Inklusive Publikumsinteraktion bei Saallicht! Ausgerüstet mit Ball und Bügeleisen sowie Plakaten und Karten auf den Sitzplätzen unterteilt Bauer die Menschen – mit Augenzwinkern – in zwei Kategorien: Die „EBNIPs“ (Es braucht nur irgendwas passieren!) und die „WSDPs“ (Was soll denn passieren?). Angst, Peinlichkeit, Gruppenzwang und Überforderung werden aufgefangt, weggetanzt und übersungen. Und genau in diesem Setting teilt Bauer Sorgen, Gedanken und Anekdoten aus ihrem Leben als Halbschottin und Kabarettistin. Dabei streut sie auch noch Fakten ein – wie etwa: Der Plural von Penis ist Penes. Ein Penis, zwei Penes. „Wenn ihr euch nichts merkt aus dem Programm, dann wenigsten das…“ Fazit: Wenn nur jedes Seminar so erkenntnisreich und lustig wäre! Hingehen! „Was soll denn passieren…“

Furchtlos wie eine Stadttaube? Elli Bauer begeistert im Kabarett Niedermair

Buchtipp: Inge – Bomben, Schmuck und Strümpfe – eine Familiengeschichte zwischen dem Sudetenland und Österreich. Blick ins Buch.

Romeo Kaltenbrunner wird zum Hendl

„Wenn die Welt komplexer wird, werde ich wieder zum Hendl“, sagt Romeo Kaltenbrunner. In seinem zweiten Soloprogramm „Heimweh“ denkt der Kabarettist zurück an seine Kindheit am Land. Doch so einfach und idyllisch war es damals im kleinen Gehege auch nicht. Zumindest nicht für einen Jugendlichen ohne Vater – und dunkler Hautfarbe. Wobei – Kaltenbrunner nimmt seine Erfahrungen mit den Dorf-Nazis, der Polizei und den Eltern seiner Jugendliebe österreichisch locker.

Weil er mit komplexen Antworten nichts anfangen kann, entscheidet er sich für eine technische Ausbildung. „Ich will Eindeutigkeit. Geht – oder geht nicht. Was anderes interessiert mich nicht.“ Jetzt lebt er im siebten Bezirk in Wien und verbringt seine Zeit auf TikTok und Netflix, anstatt Eigentum zu schaffen oder für die Demokratie zu kämpfen. Aber auch die Generation vor ihm hat keine großen Errungenschaften vorweisen, sagt Kaltenbrunner. Vor allem alte Männer, die einem heute Verweichlichung vorwerfen, können ihren Pflegerinnen im Altersheim keine Geschichten von harten Zeiten erzählen. „Den einzigen Krieg, den die hatten, war der Straßenverkehr. Deswegen sind die auch so wütend!“ Aber Kaltenbrunner ist sich sicher, dass die heutige Jugend bald wieder etwas zu erzählen haben wird. „Der Russe steht vor der Tür, die Nazis haben wir schon im Haus.“

Ein Mikro und gute Pointen: Romeo Kaltenbrunner im Kabarett Niedermair:

Fazit: Das Land- und Stadtleben in Österreich, Rassismus und Radikalisierung: Romeo Kaltenbrunner hat definitiv viel zu erzählen! Wütend steht er auf der Bühne und haut mit Leichtigkeit eine Pointe nach der anderen raus! Große Empfehlung!

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Berni Wagner über Männer und Monster

Berni Wagner ist kein echter Mann. Zumindest teilen ihm das andere Männer ungefragt auf Social Media mit. Doch was ist das überhaupt – ein echter Mann? Das versucht der 33-jährige Kabarettist in seinem fünften Programm „Monster“ herauszufinden. Ein Mann ist jedenfalls keine Frau und kein Kind, sagt Wagner. Doch da geht das Problem schon los. („Ich bin zur Hälfte Frau, mütterlicherseits. Ich habe langjährigen Kindheitshintergrund.)

Was machen Männer? Polterabend („So sollte Sterbehilfe sein – wir machen uns einen schönen Tag, und dann ist er hin.“), Stellung („Der wahre Feind vom Bundesheer ist der Zivildienst.“), Kampfsport („Angriff ist die beste Selbstverteidigung. Schlagfertig. Schlag. Fertig.“), Krampuslauf („Volk begnadet für das Schöne“), Schimpfwörter („Das Gegenteil von ‚Weichei‘ ist Hodenkrebs“).

Und trotzdem – auch Berni Wagner hat ein „Monster“ in sich. Auch er will – in der Flut an negativen Nachrichten – das Mitgefühl fernhalten. Er will sich stark fühlen. („Wir sind alle Pazifisten, außer es trifft die richtigen.“) Meistens hat er sein Monster in die Abstellkammer der Psyche verbannt, die Tür zugesperrt und ein paar feministische Poster drübergenagelt. Doch immer wieder kommt es hervor…

Fazit: Männer haben und machen Probleme. Berni Wagner schafft es, dieses brandaktuelle Thema in einen grandiosen Kabarettabend zu verpacken. Besonders für Männer – eine niederschwellige Therapieeinheit zum Tränen lachen! Zum Finale appelliert der promovierte Verhaltensbiologe noch, auf die Wissenschaft zu hören: „Nicht der Stärkste überlebt den Kampf in der Natur, sondern die am besten Angepassten! Uns Menschen macht der Zusammenhalt aus. Dafür sind wir gemacht.“

Berni Wagner im „unmännlichen“ Bühnenoutfit im Wiener Stadtsaal

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Dr. Bohl: Paulus startet Solokarriere

„Solo“ heißt das erste Solo von Paulus Bohl. Der Social-Media-Comedian feierte diese Woche Premiere im Wiener Stadtsaal. „Ich hab sehr wenige Talente und einen sehr kleinen Kompetenzkreis“, sagt Paulus. Aber beim Dating würde er sich auskennen. „Ich bin draufgekommen, dass es dabei einige Geschichten gibt, die zu großer Belustigung führen.“ Gleichzeitig startet Paulus bei der ORF-Show Dancing Stars. „Irgendwelche Leute schön anziehen und sagen, sie sollen tanzen lernen, und das ganze Land schaut zu – das ist ein irres Konzept.“ Vielleicht wird das gleich der Stoff für sein nächstes Kabarettprogramm.

Erfolgsduo Dr. Bohl: Während Benji auf der Meduni Wien den Doktor macht, möchte sein Bruder Paulus weiter Schabernack treiben – auf Social Media und der Kabarettbühne.

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Tabuthemen als Kabarett

Verena Titze ist 39 Jahre alt, hat in der Medienbranche gearbeitet – und ein Burnout samt Alkoholsucht überwunden. Über ihren schwierigen Weg zurück erzählt sie jetzt auf der Kabarettbühne. „Erfolgreich ins Burnout – ein kabarettistischer Crashkurs“ heißt ihr Debüt-Programm. Darin animiert sie, die eigenen Arbeits- und Trinkgewohnheiten zu hinterfragen.

Ist noch Zeit für Entspannung? Muss das Glas Wein am Abend sein? Verena Titze möchte Bewusstsein für „österreichische Tabuthemen“ schaffen. Am Montag war Kabarettpremiere im Wiener Orpheum.

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Schreiner und die Kindergarten-Verschwörung

„Aus Fehlern wird man klug – wenn man vorher deppert genug war.“ Kabarettist Clemens Maria Schreiner ist in seinem neuen Programm „Fehlerfrei“ der Ideallinie im Leben auf der Spur. Perfektion ist gefragt – wie im Sport. „Beim 400 Meter-Hürdenlauf sagt auch niemand: Danke Hürde, dass ich an dir wachsen darf.“ Information hilft, Fehler zu vermeiden! Zumindest reden uns Influencer ein, dass wir es alle bis ins Level 100 schaffen können. Genauso die neue KI-Brille, die sogar die Schuhgröße von Julius Cäsar weiß. („XL! Oder doch eher 40?“).

Als Papa einer Tochter will Schreiner natürlich keine Fehler machen. Er liest deshalb die Kinderbücher vorab – und erkennt die Wahrheit hinter „Benjamin Blümchen“ und „Briefe von Felix“. Und er lässt die KI-Brille schwierige Kinderfragen beantworten. („Warum kommt der Bu schneller raus, wenn ich gleichzeitig niese?“) Schließlich endet alles in einer großen Kindergarten-Verschwörung. Fazit: Ist Clemens Michael Schreiner fehlerfrei? Es ist sein bisher persönlichstes Programm – kein Fehler, sich das anzuschauen!

„Fehlerfrei“ im Kabarett Niedermair: Ein neues Level für Clemens Maria Schreiner

KulturbloggerBuchtipp: Inge – Bomben, Schmuck und Strümpfe – eine Familiengeschichte zwischen dem Sudetenland und Österreich. Blick ins Buch.