Romeo Kaltenbrunner regt sich auf

Romeo Kaltenbrunner muss raus aus der Wohnung. Seine reiche Wiener Freundin hat sich vom zugezogenen Oberösterreicher getrennt. Die Unterschiede waren zu groß. „Sie hat immer gemeint, ich sudere zu viel. Dabei rege ich mich nur gelegentlich auf. Das ist etwas ganz anderes. Sudern ist ein Brainstorming. Da überlege ich laut vor mich hin, worüber ich mich aufregen könnte. Beim Aufregen picke ich mir maximal zwei Themen raus, untermauere sie mit recherchierten Fakten, gebe noch Emotionen und Selbsterlebtes dazu. Das ist höchst wissenschaftlich!“

Kabarettist Romeo Kaltenbrunner regt sich in seinem ersten Soloprogramm „Selbstverliebt“ herrlich unterhaltsam auf – etwa über die Unterschiede zwischen Land und Stadt („Dinge, die man nur in der Stadt braucht: Individualtität, Führerschein, FFP2-Maske…“) oder über die Fragen nach seiner Herkunft bei Bewerbungsgesprächen („Bei den ‚österreichischen‘ Produkten im Regal nimmt es die Lebensmittel-Handelskette auch nicht so genau. Da wird die Willkommenskultur gelebt“). Fazit: Ein großartiges Debüt! Besonders für Landmenschen, die in die Stadt gezogen sind – sehr empfehlenswert!

Romeo Kaltenbrunner – der Sieger der Ennser Kleinkunstkartoffel 2022 – hat im Kabarett Niedermair sein erstes Soloprogramm „Selbstverliebt“ auf die Bühne gebracht

Romeo Kaltenbrunner: „Wusste gar nicht, was Kabarett ist“

Romeo Kaltenbrunner ist „Innovationsmanager“ bei der Stadt Wien und schreibt gerade an seinem ersten abendfüllenden Kabarettprogramm. Es geht um den Neuanfang nach einer Beziehung, den Kampf zwischen Großstadt und Dorf, Rassismus und den starken Glauben an die Digitalisierung, „denn gepriesen sei das ewige Wachstum. Amen.“ Mit einer Kostprobe davon gewann der 34-Jährige soeben die Ennser Kleinkunstkartoffel.

Pointen, die verbinden

Für seine Pointen beobachtet der gebürtige Linzer das Verhalten von Menschen – und hört ihnen gut zu. Wenn er auf der Bühne etwa von seiner reichen „Exfreundin aus Döbling“ erzählt, kommt die Inspiration dazu aus seinem Umfeld: „In meinem Bekanntenkreis sind im ersten Coronajahr einige Langzeitbeziehungen, sogar Verlobungen, zu Ende gegangen. Die Gründe waren auf den ersten Blick unterschiedlich, auf der anderen Seite aber wieder sehr ähnlich.“ Er möchte Menschen „über Generationen, Geschlechter und Herkunft hinweg verbinden und aufzeigen, dass wir uns alle ähnlicher sind, als wir glauben.“

Der überraschte Bruder

Für Kaltenbrunner muss Kabarett „politische und gesellschaftliche Entwicklungen durch Überspitzung kenntlich machen. Das Publikum soll lachen und dann über die Message nachdenken.“ Mit dem Sieg bei der Ennser Kleinkunstkartoffel rückt er vielleicht dem Traum „Kabarettist auf Vollzeitbasis“ ein Stück näher. Wobei – als er seinem fast 18 Jahre jüngeren Bruder sagte, dass er jetzt so etwas Ähnliches wie Comedy macht, meinte dieser darauf nur: „Wusste nicht, dass du lustig bist“. 

TV-Hinweis: 3. März 2022 – 22.50 Uhr „Ennser Kleinkunstkartoffel“ auf ORF III

Romeo Kaltenbrunner gewann 2022 die Ennser Kleinkunstkartoffel