Geschichte der Symphonie Nr. 5

In Russland gab es einst zwei Zeitungen. Die eine hieß „Wahrheit“, die andere „Nachrichten“. Die Leute scherzten, dass es in den Nachrichten keine Wahrheit gab und umkehrt. 1936 war in der „Wahrheit“ ein Artikel über Dmitri Schostakowitsch zu lesen. Unter dem Titel „Chaos statt Musik“ wurde der junge russische Komponisten-Superstar heftig und unerwartet kritisiert. Es hieß sinngemäß, Schostakowitschs Musik sei für die Sowjetunion nicht geeignet und daher unerwünscht. Er müsse seinen Stil ändern. Hinter dem Artikel wurde Stalin vermutet, da der Autor nicht – wie sonst üblich – angegeben war. Ab sofort galt Schostakowitsch als Volksfeind. In Russland wollte niemand mehr seine Stücke aufführen.

Antwort an Freunde und Feinde
Der Komponist, der fortan wie andere unerwünschte Künstler um sein Leben fürchten musste, antwortete 1937 mit der Symphonie Nr. 5 in d-Moll op. 47. Ein Werk mit – wie vom Regime gefordert – eingängigen, leicht singbaren Melodien. Aber mit mehreren Ebenen und verborgenen Botschaften. Neben politischen „Statements“ soll der verheiratete Schostakowitsch etwa seine Geliebte Elena „Lala“ Carmen verewigt haben – mit dem Stammton La (Im Italienischen wird die Tonleiter Do, Re, Mi, Fa, So, La, Si gesprochen. Ein La entspricht also einem A) und Motiven aus der Oper „Carmen“.

Werk zum Entdecken
Mit diesem umfangreichen Hintergrundwissen boten der russische Dirigent Andrey Boreyko und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien am Wochenende die Symphonie Nr. 5 im Radiokulturhaus dar. Das eindrucksvolle Werk ist wirklich eine Entdeckung. Es lohnt sich, mehr darüber zu „googeln“ und dann gespannt zuzuhören.

Das RSO

Das RSO „probte“ für seinen Auftritt kommende Woche in der Sarjadje Philharmonie in Moskau.