„Frau Inge“ – war fast 30 Jahre lang Filialleiterin bei Palmers. Im Buch „Inge: Bomben, Schmuck und Strümpfe“ (Freya Verlag) erzählt sie von den Anfangsjahren in Steyr: „Die Filiale ist noch eine Baustelle. Nicht einmal eine Tür gibt es, nur ein paar Bretter. Würde jemand dagegen rennen, stünde er im Geschäft. Aber Weihnachten steht vor der Tür und wir müssen verkaufen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Kundschaft stürmt unser Geschäft. Wir bieten Socken an, die hart wie Holz sind. Ein hohes Vieh vom Elektrizitätswerk kauft sie mir sofort ab. Jeder ist froh, wieder einkaufen zu können.“

Geheime Zeichen
Wenn in der Filiale über hunderttausend Schilling Umsatz gemacht wurden, drehte Inge das Licht kurz ab. So wussten die Verkäuferinnen gleich Bescheid. Vor Weihnachten geschah das alle paar Tage. „Der verwunderten Kundschaft erzählen wir, dass die Stromleitungen überlastet sind. Das Lichtsignal ist ein Ansporn. Jede meiner Damen hat am Tag bis zu sechzig Kundinnen. Die stärksten Arbeitstage sind der Silberne und der Goldene Sonntag, da haben alle Geschäfte offen. Meine Finger verkrampfen sich beim Kurbeln der Kassa und dem Tippen der schweren Knöpfe.“

Die Palmers-Entführung
„Der alte Palmers ist entführt worden!“ Am 9. November 1977 herrscht Aufregung in der Filiale. Drei Maskierte haben den Herrn Walter am Abend vor seiner Wiener Villa in ein Auto gezerrt. Die „Entführung des Strumpfkönigs“ macht Schlagzeilen. Der Sohn ist mit einem Koffer voll Lösegeld losgefahren – 31 Millionen Schilling in Scheinen. Der Polizei hat er nichts gesagt. Die Entführer haben ihn übers Telefon wild durch die Gegend geschickt, das Geld genommen und den alten Palmers freigelassen. Hundert Stunden ist er in einem Verschlag eingesperrt gewesen. Zumindest haben die Entführer seine Medikamente besorgt – die braucht er mit seinen 74 Jahren. Nach seiner Freilassung hat er sich als Erstes bei seiner Frau entschuldigt, dass er zu spät zum Abendessen gekommen ist.
Inge erinnert sich: „Wenige Tage später steht er wieder bei mir im Geschäft. Kurz vor Weihnachten muss alles picobello sein. Nur seine Hand dürfen wir nicht mehr schütteln. Die Entführer haben ihn in eine Matratze oder einen Teppich gewickelt und so aus dem Auto getragen, erklärt er. Der raue Stoff hat die dünne Haut seiner rechten Hand aufgerieben.“
Buchtipp: Inge – Bomben, Schmuck und Strümpfe: Inge erlebt den Zweiten Weltkrieg in Gablonz – als junge Österreicherin zwischen Sudetendeutschen und Nazis, Tschechen und Russen. Damit ihre Familie flüchten kann, geht sie jedes Risiko ein. Blick ins Buch.